Angststörungen: Wenn die Angst überhand nimmt
Medizinisch geprüft von
Dr. Maike MichelLetzte Änderung: 26 Feb. 2021
Angst vor Schlangen, Angst vorm Fliegen, Angst zu Versagen: Jeder von uns hat etwas, das ein gewisses Unwohlsein hervorruft. Das ist völlig normal und auch wichtig, denn die Angst schützt uns und unser Leben auch ein Stück weit. Doch manchmal nimmt die Angst überhand und entwickelt sich ohne triftigen Grund. Dann kann eine Angststörung die Ursache sein.
Angststörungen sind für Betroffene oft sehr quälend und schränken den Alltag stark ein. Trotzdem werden sie vom Umfeld oftmals nicht ernst genommen. Wir erläutern Ihnen, welche verschiedenen Angststörungen existieren, wie die Diagnose gestellt wird und welche Behandlungsmöglichkeiten es gibt.
Kurzübersicht
Definition & Häufigkeit: Als Angststörungen bezeichnet man eine Gruppe psychiatrischer Erkrankungen, bei denen ein Hauptsymptom Angst oder Panik ist. Je nach Art der Angststörung kann die Angst gegenüber bestimmten Objekten, Situationen oder auch unabhängig davon auftreten. Angststörungen sind weit verbreitet und betreffen ungefähr jeden 6. Menschen im Laufe des Lebens.
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- Agoraphobie: Angst vor einem Kontrollverlust oder Hilflosigkeit in Situationen oder an Orten, die nicht sehr schnell wieder verlassen werden können, etwa in Menschenmengen, auf öffentlichen Plätzen oder Reisen. Betroffene vermeiden die auslösenden Situationen.
- Soziale Phobie: Betroffene haben Angst, vor anderen Menschen in eine peinliche oder beschämende Situation zu geraten. Vermieden werden solche Kontakte, in denen sie im Zentrum der Aufmerksamkeit stehen könnten. Dazu zählen Essen in der Öffentlichkeit, Vorträge, öffentliche Treffen oder Gruppenaktivitäten.
- Spezifische Phobien: Bei einer spezifischen Phobie liegt eine starke Furcht vor bestimmten Objekten oder bestimmten Situationen (außer jenen bei Agoraphobie oder sozialer Phobie) vor. Häufig sind spezifische Phobien gegenüber Blut oder bestimmten Tieren wie Hunden oder Spinnen. Der Betroffene gerät dann zum Beispiel beim Anblick einer Spinne in große Panik.
- Panikstörung: Hier treten in unregelmäßigen Abständen Panikattacken ohne erkennbaren Auslöser auf. Die Attacken treten schnell auf, dauern mindestens einige Minuten an und sind von typischen Symptomen wie beschleunigtem Puls, Schweißausbrüchen, Zittern, Atembeschwerden, Schwindel und/oder Übelkeit begleitet.
- Generalisierte Angststörung: Betroffene leiden über mindestens 6 Monate unter Anspannung, Besorgnis oder diffusen Befürchtungen. Häufig bestehen zum Beispiel ständige Ängste um das Wohlergehen von Familienmitgliedern. Dabei können unter anderem Muskelverspannungen, Konzentrationsschwierigkeiten und/oder Nervosität auftreten.
Ursachen: Angststörungen entstehen in der Regel durch ein komplexes Zusammenspiel aus genetischer Empfindlichkeit (Vulnerabilität), einem erhöhten Bedürfnis nach Kontrolle beziehungsweise Kontrollierbarkeit von entscheidenden Ereignissen und „gelernter” Angst gegenüber konkreten Objekten oder Situationen. Außerdem sind Einflüsse wie die frühkindliche Beziehung zu Bezugspersonen oder traumatische Erlebnisse an der Entstehung von Angsterkrankungen beteiligt.
Behandlung: In erster Linie werden Angsterkrankungen mittels kognitiver Verhaltenstherapie, also einer Form der Psychotherapie, behandelt. Je nach Angststörung können auch Medikamente, vor allem bestimmte Antidepressiva, oder psychodynamische Psychotherapien angewendet werden.
Über Angststörungen
Angst ist eine angeborene Schutzfunktion des Körpers und soll unter anderem dafür sorgen, dass Gefahrensituationen umgangen werden. Im Gegensatz zu dieser normalen Angst leiden Patienten mit einer Angststörung unter einer übersteigerten Angst oder empfinden ausgeprägte Angst und Panik in Situationen, die keine Bedrohung darstellen. Dies führt meistens dazu, dass Situationen, die so eine Angst oder Panik auslösen, zunehmend vermieden werden und so der Alltag teilweise stark eingeschränkt wird.
Die Diagnose von Angststörungen richtet sich nach genau festgelegten Kriterien der unterschiedlichen Angsterkrankungen. Angststörungen gehören zu den häufigsten psychischen Erkrankungen und betreffen ungefähr jeden 6. Menschen mindestens einmal im Leben, wobei Frauen ungefähr doppelt so häufig Angststörungen aufweisen wie Männer. In Deutschland erkranken jährlich rund 10 %, also etwa 8 Millionen Menschen, an einer Angsterkrankung. Unbehandelt verlaufen Angststörungen meist chronisch und nehmen mit der Zeit an Intensität zu.
Formen von Angststörungen und Symptome
Obwohl sich Angststörungen im Detail von Mensch zu Mensch unterscheiden können, lassen sich Angsterkrankungen bestimmten Unterformen zuordnen, die sich durch ihre verschiedenen Symptome voneinander abgrenzen.
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Die Panikstörung zeichnet sich durch unregelmäßig wiederkehrende Panikattacken ohne erkennbaren Auslöser aus, die nicht auf eine bestimmte Situation oder ein bestimmtes Objekt bezogen sind. Die Panik erreicht dabei innerhalb weniger Minuten ihren Höhepunkt und flaut nach einigen weiteren Minuten wieder ab; längere Panikattacken sind aber auch möglich. Während einer Panikattacke müssen abgesehen von intensiver Angst mindestens 4 von 14 bestimmten Begleitsymptomen vorliegen, beispielsweise:
- Herzklopfen,
- Zittern,
- Atembeschwerden oder
- Schwächegefühl.
Die Panikstörung tritt vor allem zwischen dem 20. und 30. Lebensjahr auf und betrifft Frauen doppelt so häufig wie Männer. In Deutschland erkrankt jährlich rund 1 % der Bevölkerung an einer Panikstörung, also ungefähr 800.000 Menschen.
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Die Panikstörung tritt oft zusammen mit einer Agoraphobie auf. Darunter versteht man eine Angst gegenüber Situationen, in denen ein Kontrollverlust eintreten oder in denen man im Notfall keine Hilfe bekommen könnte. Dazu zählen beispielsweise große Menschenansammlungen oder Reisen weit weg von Zuhause.
Für die Diagnose einer Agoraphobie müssen die Betroffenen die auslösenden Situationen gezielt vermeiden. Ähnlich wie bei der Panikstörung müssen mindestens 2 von 14 Begleitsymptomen während eines Angstzustandes vorliegen. Auch die Agoraphobie entsteht insbesondere bei jungen Erwachsenen zwischen 20 und 30 Jahren, betrifft Frauen fast dreimal so häufig wie Männer und zeigt sich jährlich bei 1-2 % der Bevölkerung, also etwa 1-1,5 Millionen Menschen in Deutschland.
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Bei der generalisierten Angststörung haben die Patienten Gefühle der Anspannung, Besorgnis und Befürchtungen über einen Zeitraum von mindestens 6 Monaten. Im Gegensatz zu anderen Angsterkrankungen ist diese Gefühlslage nicht auf kurze Zeiträume von wenigen Minuten beschränkt, sondern kann nahezu ununterbrochen andauern. Angstattacken, bei denen die Ängste und Sorgen kurzzeitig stärker werden, kommen aber auch bei der generalisierten Angststörung vor. Befürchtungen, die bei den Betroffenen vorherrschen können, sind beispielsweise die starke Vorstellung, dass nahen Angehörigen etwas Schlimmes widerfahren könnte.
Im Gegensatz zu Phobien ist die Angst bei der generalisierten Angststörung aber nicht an ein konkretes Objekt oder eine konkrete Situation gebunden, vielmehr können sich die Sorgen beziehungsweise Ängste auf wechselnde Themen beziehen. Typische weitere Symptome der generalisierten Angststörung sind Muskelverspannungen, Ruhelosigkeit, Konzentrationsschwierigkeiten und Reizbarkeit.
An der generalisierten Angststörung erkranken einerseits vor allem Jugendliche beziehungsweise junge Erwachsene und andererseits Menschen um das 40. Lebensjahr, gleichzeitig sind Frauen fast doppelt so häufig betroffen wie Männer. In Deutschland gibt es jährlich geschätzt ca. 2 Millionen Fälle der generalisierten Angststörung.
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Bei der sozialen Phobie haben die Betroffenen Angst davor, in Situationen zu geraten, in denen sie im Zentrum der Aufmerksamkeit stehen, sich peinlich verhalten oder erniedrigt werden könnten. Die Angst ist bei Patienten mit sozialer Phobie so stark, dass sie diese Situationen bewusst vermeiden. Zudem fühlen sie sich durch die Angst oder ihr Vermeidungsverhalten belastet.
Neben der Angst treten auch Symptome wie Zittern, Erröten, Übelkeit oder akuter Harndrang auf. Typische Situationen, die bei Personen mit sozialer Phobie Angst auslösen, sind öffentliche Treffen, Sprechen in der Öffentlichkeit oder Gruppenveranstaltungen wie Partys oder Konferenzen.
Der Verlauf einer sozialen Phobie kann stark variieren. Bei bis zu einem Drittel der Patienten verschwindet die soziale Phobie innerhalb von 1-2 Jahren wieder. Wenn die soziale Phobie aber schwer ausgeprägt ist, kann auch mit einer professionellen Therapie meist nur eine Linderung, keine Symptomfreiheit erreicht werden.
Die soziale Phobie entsteht häufig bei Jugendlichen und kommt bei Frauen anderthalb Mal so häufig vor wie bei Männern. Im Laufe des Lebens erkrankt statistisch rund einer von 40 Menschen an einer sozialen Phobie.
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Spezifische Phobien sind die häufigsten Angsterkrankungen. Patienten mit einer spezifischen Phobie zeigen ausgeprägte Angst, wenn sie mit bestimmten Objekten oder Situationen konfrontiert werden oder teilweise schon dann, wenn sie an diese Auslöser denken, weshalb diese vermieden werden.
Abgesehen von der Angst treten bei Kontakt mit dem auslösenden Objekt oder der auslösenden Situation begleitende Symptome wie Brustschmerzen, Übelkeit, Hitzewallungen oder Herzklopfen auf. Weit verbreitet sind zum Beispiel spezifische Phobien gegenüber Spinnen, Hunden, Blut, Gewitterstürmen oder Fahrstühlen.
Spezifische Phobien können zwar in jedem Lebensalter entstehen, häufig treten sie aber bereits im Kindes- und Jugendalter erstmals auf. Frauen sind 2-3 Mal so häufig betroffen wie Männer.
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Zwangsstörungen wurden zwar früher zu den Angststörungen gezählt, allerdings ist diese Einteilung überholt. Zwangsstörungen stellen eine eigene Gruppe von psychischen Erkrankungen dar. Trotzdem können Zwangsstörungen in Teilen ähnliche Symptome aufweisen und sind in manchen Fällen für Laien deshalb schwer auseinanderzuhalten.
Bei Zwangsstörungen leiden die Patienten unter dem Zwang, bestimmte Handlungen (Zwangshandlungen) ausführen zu müssen oder sich immer wieder mit bestimmten Gedanken (Zwangsgedanken) zu beschäftigen. Klassische Zwangshandlungen sind Waschzwänge wie übertriebenes Händewaschen oder Zählzwänge.
Ein typischer Zwangsgedanke ist das endlose Abwägen verschiedener Alternativen bei einer anstehenden Entscheidung. Die Zwangsgedanken oder Zwangshandlungen werden von den Betroffenen als unangenehm und quälend empfunden. Insbesondere bei Nichtbeachtung der Zwänge können Angst- und Panikattacken entstehen, die ähnlich wie bei Angststörungen verlaufen und beispielsweise mit Schweißausbrüchen, Unruhe, Herzklopfen oder Übelkeit einhergehen können.
Ursachen und Risikofaktoren
Angsterkrankungen haben in der Regel nicht einen konkreten Auslöser, sondern entstehen über eine längere Zeitspanne durch verschiedene Faktoren. Einige dieser Faktoren sind beeinflussbar, andere jedoch nur in sehr begrenztem Umfang oder gar nicht. Das Vorliegen von einem oder mehreren Risikofaktoren erhöht das Risiko für eine Angststörung, es bedeutet allerdings nicht, dass man mit Sicherheit erkrankt.
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Unter psychosozialen Faktoren versteht man alle Einflüsse, die das Lebensumfeld und Beziehungen zu anderen Menschen betreffen. Schwierige oder einschneidende Ereignisse im Leben können das Risiko für Angststörungen erhöhen, beispielsweise:
- der Verlust naher Angehöriger,
- Trennung,
- Scheidung,
- der Verlust des Arbeitsplatzes,
- Unfälle oder
- schwere Krankheiten im direkten Umfeld.
Auch Opfer von Gewalttaten und sexuellem Missbrauch haben ein erhöhtes Risiko, an einer Angststörung zu erkranken.
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Ein ängstlicher, übermäßig kontrollierender Erziehungsstil, der Kindern Angst vermittelt und so daran hindert, sich selbst zu entfalten und Probleme selbstständig zu lösen, kann die Wahrscheinlichkeit für Angsterkrankungen auch noch im Erwachsenenalter erhöhen. Andererseits führt auch ein vernachlässigender Erziehungsstil, bei dem Eltern ihren Kindern keine Sicherheit, Zuverlässigkeit und Stabilität vermitteln, zu erhöhter Anfälligkeit für Angststörungen.
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Sozioökonomische Faktoren beschreiben alle Umstände, die mit der sozialen Stellung, dem Einkommen oder dem Vermögen zu tun haben. In Studien wurde gezeigt, dass vor allem der Familienstand Einfluss auf die Entwicklung von Angsterkrankungen hat. Menschen, die getrennt leben, geschieden oder verwitwet sind, haben ein höheres Risiko für die Entwicklung einer Panikstörung, Agoraphobie, sozialen Phobie und spezifischen Phobie. Außerdem erkranken Hausfrauen, die keiner anderen Berufstätigkeit nachgehen, 2,5 Mal häufiger an einer generalisierten Angststörung als die Allgemeinbevölkerung.
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Eine erbliche Veranlagung konnte in diversen Studien für fast alle Angststörungen nachgewiesen werden. Bei Panikstörungen, sozialen Phobien und spezifischen Phobien wurden hohe Einflüsse von genetischen Komponenten nachgewiesen. Da diese genetischen Einflüsse jedoch sehr komplex sind und von vielen verschiedenen Teilfaktoren beeinflusst werden, kann das genetische Risiko nicht genau beziffert werden.
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Vor allem schwere, akut auftretende körperliche Erkrankungen wie Herzinfarkte können Patienten für Angststörungen empfänglich machen. Dabei hat die körperliche Erkrankung keinen unmittelbaren Einfluss auf die Entwicklung einer Angststörung. Die Patienten können sich aber beispielsweise bei einem Herzinfarkt großer Unsicherheit, Todesangst und direkter Lebensgefahr ausgeliefert sehen und durch diese intensiven Eindrücke auch nach der Behandlung des Herzinfarktes bei jedem harmlosen Herzklopfen wieder in Angstzustände verfallen. Zudem können hormonelle Störungen, insbesondere eine Schilddrüsenüberfunktion (Hyperthyreose), zu Unruhe und einer ängstlichen Stimmung führen.
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Auch Alkohol und Drogen können Angstzustände oder Panikattacken auslösen. Dies gilt sowohl für den Konsum dieser Substanzen als auch für die Zeit des Entzugs. Die Angstzustände können insbesondere im Rahmen eines Drogenentzugs über Wochen anhalten.
Des Weiteren wurden in relativ seltenen Fällen auch bestimmte Medikamente mit der Entstehung von Angstzuständen in Verbindung gebracht, unter anderem Steroide und Antidepressiva. Hierbei handelt es sich in der Regel um unerwünschte Medikamentennebenwirkungen, die durch eine Dosisreduktion oder ein Wechsel der Medikation enden.
Ein weiterer möglicher Risikofaktor für die Entwicklung einer Angststörung ist Stress, beispielsweise im beruflichen Bereich.
Auch das Lebensalter kann als Risikofaktor angesehen werden, da 80-90 % aller Angststörungen vor dem 35. Lebensjahr auftreten und besonders die Phase zwischen dem 10. und 25. Lebensjahr ein verhältnismäßig hohes Risiko für die Entstehung einer Angsterkrankung aufweist. Eine mögliche Erklärung könnte sein, dass in diesen Lebensjahren wichtige Entwicklungsschritte (Schulabschluss, Wahl einer beruflichen Ausbildung/Studium, Ablösung vom Elternhaus) anstehen, die mit Gefühlen von Angst und Unsicherheit verbunden sein können. Lediglich die generalisierte Angststörung entsteht auch noch nach dem 40. Lebensjahr häufig.
Wann sollte ich einen Arzt aufsuchen und wie wird die Diagnose gestellt?
Nicht jede Angst oder Panikattacke ist eine behandlungsbedürftige Angststörung. Da die Behandlung von Angststörungen jedoch schnellere Erfolge zeigt, wenn die Störung erst kurze Zeit besteht, ist es wichtig, Angsterkrankungen frühzeitig zu erkennen und eine Behandlung einzuleiten.
Wann sollte ich einen Arzt aufsuchen?
Es gibt keine festen Grenzen, wie häufig oder intensiv Angstzustände auftreten müssen, damit ein Arztbesuch erfolgen sollte. Grundsätzlich sollte aber eine ärztliche Abklärung erfolgen, wenn Sie in Ihrem Alltag durch die Ängste oder Panikattacken eingeschränkt sind. Mögliche Einschränkungen sind beispielsweise die Vermeidung bestimmter Orten oder die Aufgabe von Hobbys aufgrund der Ängste. Einen ersten Anhalt, ob Sie möglicherweise an einer Angststörung leiden, können Selbsttests wie der Online-Selbsttest der Schön-Klinik bieten. Solche Tests ersetzen aber keinesfalls standardisierte ärztliche Untersuchungen und Fragebögen.
Hausarzt oder Spezialist?
Wenn Sie den Verdacht haben, an einer Angststörung zu leiden, ist der erste Ansprechpartner der Hausarzt. Dieser kann eine erste Einschätzung vornehmen und Sie gegebenenfalls zu einem Psychologen oder Psychiater überweisen.
Prinzipiell kann auch das Gespräch in einer Online-Arztpraxis mit einem Psychologen oder einem Facharzt für Psychiatrie eine Alternative sein. Vor allem für Patienten in abgelegenen Landesteilen oder für solche Patienten, die durch ihre Erkrankung ihre Wohnung nur schwer verlassen können, können solche Online-Angebote Vorteile bieten. Im Allgemeinen sollte zumindest für das Erstgespräch beziehungsweise die Erstdiagnose einer Angststörung ein persönliches Treffen angestrebt werden. Im direkten Kontakt können professionelle Ansprechpartner viele Informationen sammeln, die die Diagnosestellung genauer machen.
Was wird mich der Arzt oder Therapeut fragen?
In einem ersten Gespräch wird Ihr Arzt Sie zu folgenden Themen befragen:
- aktuelle Lebenssituation
- angstauslösende Situationen
- Häufigkeit der Angstzustände
- begleitende Symptome
- Alkohol- und/oder Drogenkonsum
- bekannte Vorerkrankungen
- regelmäßige Einnahme von Medikamenten
Ohne Ihre ausdrückliche Zustimmung dürfen weder Familienangehörige noch Freunde befragt werden, allerdings kann es in vielen Fällen für den Arzt sehr hilfreich sein, die Eindrücke von Menschen zu erfahren, die Ihnen nahestehen. Spätestens im Rahmen eines Gesprächs beim Psychologen oder Psychiater wird dann auch ein sogenannter psychopathologischer Befund erhoben, bei dem weitere mögliche psychische Erkrankungen gezielt erfragt werden, zum Beispiel Symptome einer Depression oder Schizophrenie.
Welche körperlichen Untersuchungen werden durchgeführt?
Ängste und Panikzustände sind nicht grundsätzlich auf psychische Ursachen zurückzuführen. Körperliche Erkrankungen, etwa Schilddrüsenerkrankungen, Erkrankungen mit Auswirkungen auf den Hormonhaushalt oder Erkrankungen des Nervensystems oder Gehirns, können ebenfalls Ängste und Panikattacken verursachen. In solchen Fällen besteht die Behandlung der Angst in der Behandlung der zugrunde liegenden körperlichen Erkrankung.
Jeder Angstpatient sollte daher schon zu Beginn der Behandlung eine gewissenhaft durchgeführte körperliche Basisdiagnostik erhalten. Dazu gehören die Messung von Blutdruck und Puls, das Abtasten der Schilddrüse, die Testung Ihrer Reflexe mit einem Reflexhammer und ein Elektrokardiogramm (EKG). Zudem wird eine Blutentnahme durchgeführt, um Elektrolyte, Schilddrüsenwerte, Blutzusammensetzung und gegebenenfalls noch weitere Blutwerte zu bestimmen. In Fällen, bei denen sich der Verdacht ergibt, dass eine neurologische Störung im Gehirn vorliegen könnte, kann zudem die Anfertigung einer Computertomographie- (CT) oder Kernspintomographie-Aufnahme (MRT) des Kopfes notwendig sein.
Wie werden Angststörungen behandelt?
Angsterkrankungen können für Betroffene zwar sehr belastend sein, sind aber auch gut behandelbar. Obwohl eine vollständige Heilung nur selten gelingt, können die Symptome durch eine professionelle Behandlung in vielen Fällen deutlich gelindert werden, sodass die Patienten ihrem Alltag wieder uneingeschränkt nachgehen können.
Medikamentöse Behandlung, Psychotherapie und Selbsthilfe-Strategien können zum Einsatz kommen. Die Entscheidung, welche Behandlung bei Ihnen zunächst empfehlenswert und erfolgversprechend ist, treffen Sie zusammen mit Ihrem behandelnden Arzt oder Psychologen. Dabei sind vor allem Aspekte wie Art und Schwere der Angststörung sowie Ihre persönlichen Vorlieben maßgeblich.
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Angsterkrankungen werden in erster Linie mit Psychotherapie behandelt. Medikamente können die Psychotherapie sinnvoll ergänzen und den Behandlungsverlauf positiv beeinflussen. Es stehen je nach Angststörung verschiedene Gruppen an Medikamenten zur Auswahl. Bei einem Ansprechen auf die medikamentöse Therapie sollten die Medikamente mindestens 6-12 Monate eingenommen werden, anschließend kann eine langsame Reduktion der Dosierung versucht werden. Auch eine Langzeitbehandlung zur Vorbeugung von Rückfällen ist möglich.
- Antidepressiva aus der Gruppe der selektiven Serotonin-Wiederaufnahmehemmer (SSRI) oder Serotonin-Noradrenalin-Wiederaufnahmehemmer (SNRI) sind die erste Wahl in der medikamentösen Behandlung von Panikstörungen, der generalisierter Angststörung und sozialen Phobien. Sie wirken über komplizierte Mechanismen auf den Stoffwechsel der Botenstoffe Serotonin beziehungsweise Noradrenalin im Gehirn und benötigen einige Wochen, bis eine spürbare Wirkung einsetzt. Typische Vertreter sind Escitalopram, Paroxetin und Venlafaxin.
- Trizyklische Antidepressiva wie Clomipramin können insbesondere bei der Panikstörung als Alternative zu SSRIs oder SNRIs angewendet werden, haben jedoch tendenziell mehr Nebenwirkungen und gelten deshalb nur als 2. Wahl. Auch sie wirken durch eine Beeinflussung des Serotonin- und Noradrenalin-Stoffwechsels im Gehirn.
- Das Antiepileptikum Pregabalin wird bei der generalisierten Angststörung verwendet und wirkt durch eine Beeinflussung des Kalziumstoffwechsels im Gehirn.
- Der Wirkstoff Moclobemid hemmt den Abbau von Serotonin und Noradrenalin im Gehirn und kann bei sozialer Phobie verwendet werden. Allerdings kann Moclobemid mit einigen anderen Medikamenten sowie mit bestimmten Nahrungsmitteln starke Wechselwirkungen eingehen, daher ist eine gute Beratung der Patienten vor der Einnahme wichtig.
- Obwohl Benzodiazepine wie Lorazepam und Diazepam sehr effektiv Angst- und Anspannungszuständen entgegenwirken, dürfen sie auf keinen Fall als Dauermedikation eingesetzt werden. Es handelt sich bei Benzodiazepinen um reine Notfallmedikamente, die nur bei sehr starken akuten Angst- und Panikattacken für kurze Zeit verwendet werden sollten. Die Einnahme von Benzodiazepinen über einen Zeitraum von mehr als wenigen Tagen führt zu einer Abhängigkeit, die nur äußerst schwer zu behandeln ist.
Im Fall spezifischer Phobien werden Medikamente relativ selten oder zur Behandlung von begleitenden Symptomen wie depressiver Stimmung eingesetzt. Der Schwerpunkt liegt bei der spezifischen Phobie in der Regel auf einer Psychotherapie.
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Unter einer Psychotherapie versteht man grundsätzlich regelmäßige Gespräche mit einem Psychotherapeuten. Im Rahmen dieser Gespräche wird dem Patienten unter anderem seine Erkrankung erklärt (Psychoedukation) und es werden Konzepte zum Verständnis der Erkrankung sowie zum besseren Umgang mit den Symptomen oder im Idealfall zur Überwindung der psychischen Erkrankung erarbeitet.
Es existieren mehrere verschiedene Psychotherapie-Konzepte, sogenannte Psychotherapie-Schulen, die sich in der Herangehensweise an die Erkrankung unterscheiden. In Deutschland werden die kognitive Verhaltenstherapie, die systemische und die tiefenpsychologische beziehungsweise analytische Therapie auf Antrag von den gesetzlichen Krankenkassen übernommen.
Für die Behandlung von Angststörungen ist die kognitive Verhaltenstherapie die Therapieform mit der am besten nachgewiesenen Wirksamkeit und gilt daher auch in Leitlinien als Psychotherapie der 1. Wahl. In der kognitiven Verhaltenstherapie liegt das Hauptaugenmerk auf einer Veränderung des Verhaltens in Angstsituationen beziehungsweise auch im Vorfeld solcher Situationen. Kernelemente sind, insbesondere bei spezifischen Phobien, sogenannte Expositionstherapien, bei denen der Patient bewusst mit Angstsituationen konfrontiert wird und dabei lernt, diese Ängste auszuhalten und abzubauen.
Tiefenpsychologische Behandlungen stellen eine mögliche Alternative zur kognitiven Verhaltenstherapie dar. Dabei wird der Schwerpunkt eher darauf gelegt, mögliche Auslöser der Angststörung zu finden und darüber ein Verständnis der Erkrankung sowie eine Heilung herbeizuführen. Im Vergleich zur kognitiven Verhaltenstherapie gibt es für tiefenpsychologische Therapien weniger eindeutige Belege für ihre Wirksamkeit bei Angststörungen. Deshalb gilt sie als Psychotherapieverfahren der 2. Wahl.
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Neben der Teilnahme an Selbsthilfegruppen gibt es einige Möglichkeiten für Patienten, selbst etwas gegen ihre Angststörung zu unternehmen. Man sollte sich zunächst immer bewusst sein, dass die Behandlung einer Angsterkrankung viel Zeit benötigt und nicht innerhalb weniger Tage oder Wochen abgeschlossen ist. Sowohl medikamentöse als auch psychotherapeutische Therapien müssen normalerweise über Monate hinweg durchgeführt werden, um einen ausreichenden Behandlungserfolg zu erzielen.
Falls es im nahen Umfeld Bezugspersonen gibt, die Gespräche oder sonstige Unterstützung anbieten, kann dies ebenfalls eine Stütze sein. Patienten, die bereits einmal wegen einer Angsterkrankung in Behandlung waren und sich deshalb mit Expositionstherapien auskennen, können versuchen, sich selbst gezielt angstauslösenden Situationen zu stellen und diese auszuhalten, bis die Angst von selbst wieder verschwindet. Auch Personen mit einer nur leicht ausgeprägten Angststörung können so versuchen, sich ihren Ängsten zu stellen. Beispielsweise können Patienten mit einer sozialen Phobie üben, mit Freunden in der Öffentlichkeit essen zu gehen. Außerdem kann es helfen, wenn Betroffene sich klar machen, dass die Angsterkrankung zwar sehr belastend sein kann, aber dass die Ängste oder Panikattacken nicht lebensgefährlich sind.
Häufig gestellte Fragen
Welche Angststörung ist am häufigsten?
Spezifische Phobien kommen am häufigsten vor. Bei mehr als jedem 10. Menschen liegt mindestens einmal im Leben eine spezifische Phobie vor. Weitere häufige Angststörungen sind die generalisierte Angststörung und die soziale Phobie. Panikstörungen und Agoraphobie sind etwas seltener, betreffen aber dennoch deutlich über 1 % aller Menschen und somit über 1 Million Personen in Deutschland.
Ist eine Angststörung heilbar?
In den meisten Fällen lässt sich eine Angststörung zwar nicht in dem Sinne vollständig heilen, dass die Betroffenen gar keine Ängste mehr verspüren. Allerdings können durch eine professionelle Behandlung die Symptome in vielen Fällen stark reduziert werden, sodass der Alltag dadurch nicht mehr oder zumindest deutlich weniger beeinträchtigt wird. Die Prognose hängt unter anderem von der Art der Angststörung, der Stärke der Symptome und einer frühzeitigen Behandlung ab.
Maike Michel unterstützt das Ärzteteam von ZAVA bei der medizinischen Texterstellung und -prüfung. Sie studierte Medizin an den Universitäten in Münster und Freiburg. Seit 2016 arbeitet sie als Assistenzärztin in einer psychiatrischen Klinik in Deutschland und trägt seit Juli 2022 den Facharzttitel für Psychiatrie und Psychotherapie.
Lernen Sie unsere Ärzte kennenLetzte Änderung: 26 Feb. 2021
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Domschke, K., Kapfhammer, H. P., & Deckert, J. (2017). Angststörungen. In Psychiatrie, Psychosomatik, Psychotherapie (pp. 1857-1932). Springer, Berlin, Heidelberg.
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