Adipositas (Fettleibigkeit)

Medizinisch geprüft von
Dr. med. Ulrike ThiemeLetzte Änderung: 27 Nov 2020
Starkes Übergewicht stellt weltweit ein zunehmendes Gesundheitsproblem dar und wird auch als Adipositas (Fettleibigkeit) bezeichnet. Adipositas zählt zu den chronischen Erkrankungen und geht mit einem erhöhten Risiko für verschiedene Folgeerkrankungen einher, wie etwa Diabetes Typ 2 und koronare Herzerkrankungen.
Laut Erhebungen des Robert-Koch-Instituts sind etwa 2/3 der Männer (67 %) und die Hälfte der Frauen (53 %) in Deutschland übergewichtig. Etwa 1/4 der Erwachsenen, genauer gesagt 23 % der Männer und 24 % der Frauen, sind adipös, also stark übergewichtig. Betroffene leiden nicht nur unter körperlichen Einschränkungen, sondern oft auch unter Stigmatisierung durch ihre Umwelt.
Das Ernährungs- und Bewegungsverhalten sind zwei entscheidende Komponenten in der Gewichtsreduzierung und damit der Behandlung von Adipositas.

Was ist Adipositas?
Um das Körpergewicht zu klassifizieren, wird der sogenannte BMI (Body-Mass-Index) genutzt. Laut der Weltgesundheitsorganisation besteht Adipositas ab einem BMI von 30. Der Körpermaßindex BMI errechnet sich aus dem Gewicht (in kg) geteilt durch die Körpergröße (in m) im Quadrat. Die Adipositas selbst wird dabei in 3 Grade unterteilt.
Gewichtsklassifikationen laut Body-Mass-Index (BMI)
Körpermaßindex BMI | Klassifikation |
---|---|
unter 18,5 |
Untergewicht |
18,5 bis 24,9 |
Normalgewicht |
25 bis 29,9 |
Übergewicht oder Präadipositas |
ab 30 |
Adipositas Grad I |
ab 35 |
Adipositas Grad II |
ab 40 |
Adipositas Grad III (Adipositas per magna) |
So berechnen Sie Ihren Body-Mass-Index (BMI)
Der Body-Mass-Index errechnet sich in dem Sie die Körpergröße (in m) zum Quadrat nehmen und durch das Körpergewicht (in kg) teilen.
Beispiel: Eine Person mit einer Körpergröße von 170 cm und einem Gewicht von 90 Kilogramm hat einen BMI von 31.
1,70 x 1,70 = 2,89
Teilen Sie jetzt das Körpergewicht (in kg) durch diesen Wert:
90 : 2,89 = 31,1
31,1 – oder gerundet 31 – ist Ihr Body-Mass-Index (BMI).
Wie aussagekräftig ist der BMI?
Der BMI hilft bei einer schnellen und unkomplizierten Einschätzung des Körpergewichts. Was in der Formel nicht berücksichtigt wird, jedoch eine wesentliche Rolle für das Krankheitsrisiko spielt, sind Faktoren wie Alter, Geschlecht, Körperfett, Muskelmasse, individueller Körperbau beziehungsweise Fettverteilungsmuster. So kann beispielsweise ein Hochleistungssportler mit viel Muskelmasse und einem geringen Körperfettanteil laut BMI als adipös eingestuft werden.
Neben dem Körpergewicht hat die individuelle Fettverteilung einen großen Einfluss auf das Krankheitsrisiko. Sammelt sich das Fett vermehrt im Bauchraum an, ist das Risiko für kardiovaskuläre und metabolische Erkrankungen deutlich höher als bei einer gleichmäßigen Fettverteilung. Daher wird für eine aussagekräftige Beurteilung des Krankheitsrisikos der Taillenumfang hinzugezogen, der einen Hinweis auf das Fett im Bauchraum gibt.
Krankheitsrisiko laut Taillenumfang
Frauen:
ab 80 cm erhöht
ab 88 cm stark erhöht
Männer:
ab 94 cm erhöht
ab 102 cm stark erhöht
Warum ist die Fettverteilung entscheidend?
Das sogenannte viszerale Fett, welches sich im Bauchraum um die Organe herum ansammelt, ist kein passives Fettgewebe, sondern vielmehr ein stoffwechselaktives Organ. Unter anderem produziert es entzündungsfördernde Botenstoffe (Adipokine) und Hormone, die Störungen im Energiestoffwechsel verursachen und das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen erhöhen.
Menschen, bei denen sich die Fettzellen vermehrt im Bauchraum ansiedeln, sind daher eher von Folgeerkrankungen betroffen. Da dies vermehrt bei Männern auftritt, wird diese Form auch androide Adipositas genannt. Im allgemeinen Sprachgebrauch ist auch vom „Apfeltyp“ die Rede. Bei der gynoiden Adipositas lagern die Fettzellen eher an Hüften und Oberschenkeln. Dieses Fettverteilungsmuster ist als „Birnentyp“ bekannt und weist ein deutlich geringeres Risiko für Folgeerkrankungen auf. Auch, wenn es für beide Formen geschlechtsspezifische Bezeichnungen gibt, können beide Formen sowohl bei Männern als auch bei Frauen auftreten.
Wie entsteht Adipositas?
In der Theorie gilt: Wer seinem Körper langfristig mehr Energie zuführt, als er verbraucht, wird zunächst übergewichtig und auf Dauer adipös. Hier ist auch von einer positiven Energiebilanz die Rede. Ist diese langfristig vorhanden, lagert der Körper immer mehr Energie in seinen Fettdepots ein.
Für ein gleichbleibendes Gewicht ist eine ausgeglichene Energiebilanz erforderlich, für die Gewichtsabnahme eine negative. Es gibt allerdings zahlreiche Faktoren, die einen Einfluss auf den Stoffwechsel und die individuelle Energiebilanz haben.
Welche Ursachen und Risikofaktoren tragen zur Entstehung bei?
Zur Entstehung von Adipositas tragen oft mehrere Faktoren bei, die sich in Kombination, gegenseitig begünstigen. Viele adipöse Menschen haben eine genetische Veranlagung zu Übergewicht und neigen zudem zu einem ungünstigen Essverhalten. Besuchen Sie unsere Seite Adipositas Ursachen für weitere Informationen.
Was sind Symptome und Folgeerkrankungen bei Adipositas?
Menschen mit Übergewicht und Adipositas leiden mit zunehmendem Gewicht an unmittelbar spürbaren Symptomen. Je höher das Gewicht und je länger es besteht, desto spürbarer die Folgen. Zu den körperlichen Beschwerden kommen oft psychische Folgen hinzu, die das hohe Gewicht bei den Menschen selbst verursacht und die oft durch Stigmatisierung von außen gefördert werden.
Symptome bei Adipositas
- eingeschränkte Leistungsfähigkeit
- eingeschränkte Beweglichkeit
- schnelles Ermüden
- vermehrtes Schwitzen (Hyperhidrosis)
- Reflux (Sodbrennen)
- Kurzatmigkeit, Atemnot
Folge- und Begleiterkrankungen von Adipositas
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Der Bewegungsapparat leidet deutlich unter dem erhöhten Gewicht. Was sich zunächst als schnelles körperliches Ermüden, eingeschränkte Beweglichkeit und Schmerzen äußert, kann sich zu krankhaften Veränderungen der Gelenke entwickeln. Durch die hohe Belastung wird die dünne Knorpelschicht in verschiedenen Gelenken auf Dauer zerstört. Besonders häufig sind Hüfte, Knie und Sprunggelenk von der sogenannten Arthrose betroffen.
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Die Hypertonie (Bluthochdruck) ist eine der häufigsten Begleiterkrankungen von Adipositas. Je höher das Körpervolumen, desto größer die Anstrengung für das Herz-Kreislauf-System, das Blut durch den Körper zu pumpen. Ein hoher Blutdruck wiederum ist ein Risikofaktor für eine frühzeitige Verkalkung der Gefäße (Arteriosklerose). Die Arteriosklerose wird zusätzlich durch die entstehenden Entzündungsprozesse, die das vermehrte Fettgewebe im Bauchraum mit sich bringt, gefördert.
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Durch die Arteriosklerose wiederum, kommt es zu einer Verengung der Gefäße, speziell der Herzkranzgefäße (koronare Herzkrankheit). Erhöhte Blutfettwerte und Diabetes Typ 2, für deren Entstehung Adipositas ebenfalls einer der größten Risikofaktoren ist, begünstigen die Verengung der Gefäße weiterhin. Durch die koronare Herzkrankheit kann die Leistung des Herzens abnehmen. Zu einem Herzinfarkt kommt es, wenn ein Herzkranzgefäß komplett verstopft.
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Durch die erhöhte Energiezufuhr, die zur Adipositas führt, ist auch die Leber stärker belastet. Sie selbst lagert immer mehr Fett ein und eine sogenannte Fettleber entsteht. Sie macht meist lange keine direkt spürbaren Beschwerden. Die Fettleber wiederum führt zu einem gestörten Energiestoffwechsel und fördert so weiterhin den Anstieg des Gewichts. Beginnt die durch die Fetteinlagerungen vergrößerte Leber im Folgestadium zu vernarben und sich umzubauen, kann es zur sogenannten Leberzirrhose kommen.
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Mit der Adipositas steigt häufig auch der Harnsäurespiegel im Blut. Langfristig können sich so Harnsäurekristalle bilden, die sich in Gelenken, Schleimbeuteln und Sehnen ablagern. Diese wiederum haben Entzündungen zur Folge, die zu Schmerzen und Schwellungen führen. Bei einem akuten Gichtanfall ist oftmals die große Zehe betroffen. Setzen sich die Kristalle in den Nieren ab, kommt es leicht zu Nierensteinen und im weiteren Verlauf zu Nierenschäden.
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Die Stoffwechselerkrankung ist eine häufige Folge der Adipositas und gleichzeitig ein Faktor, der das steigende Gewicht begünstigt und die Gewichtsabnahme erschwert. Bei Diabetes Typ 2 ist der Körper nicht mehr in der Lage, den im Blut gelösten Zucker zu verwerten. Als Folge entsteht eine hohe Zuckerkonzentration im Blut, die auf Dauer zu starken Schädigungen der Organe führen kann. Die Vorstufe des Diabetes Typ 2 oder Diabetes mellitus, ist die Insulinresistenz. Hier reagieren die Zellen nicht mehr, wie gewohnt, auf das Hormon Insulin, das den Zucker normalerweise zur Energiebereitstellung in die Zellen transportiert.
Wie wird eine Adipositas behandelt?
Das Ziel der Adipositastherapie ist eine nachhaltige Gewichtsreduktion. Eine kurzfristige Diät reicht hier nicht aus. Um Folgeerkrankungen zu vermeiden und den durch die Adipositas gestörten Stoffwechsel wieder zu normalisieren, ist eine dauerhafte Reduzierung des Gewichts notwendig. Hierzu müssen Betroffene grundlegende Veränderungen ihres Lebensstils vornehmen. Um diese erfolgreich umzusetzen, sind sowohl eine Ernährungs- und Bewegungstherapie äußerst hilfreich, als auch eine verhaltenstherapeutische Begleitung.
Weiterführende Informationen finden Sie auf der Seite Behandlung von Adipositas.
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Adipositas vorbeugen
Um eine Adipositas vorzubeugen beziehungsweise das Gewicht im Normalbereich zu halten, sind vor allem die Aspekte Ernährung und Bewegung entscheidend.
Wie bereits erwähnt, hält der Körper sein Gewicht, wenn die sogenannte Energiebilanz ausgeglichen ist. Das heißt, die Energieaufnahme entspricht dem Energieverbrauch. Hier kommt es nicht auf jeden einzelnen Tag an. Es ist vollkommen normal, dass Sie an manchen Tagen, etwa durch vermehrten Hunger oder Appetit, mehr Energie zu sich nehmen als an anderen. Halten sich die Tage von zu hoher und zu geringer Energiezufuhr die Waage, gleicht der Körper diese aus.
Das Gewicht steigt jedoch, wenn Sie über einen längeren Zeitraum mehr Energie aufnehmen, als der Körper benötigt. So entsteht zunächst Übergewicht und langfristig Adipositas.
Gesunde Ernährung und zuckerarme Getränke
Eine Ernährung, in der hauptsächlich natürliche und wenig verarbeitete Lebensmittel vorkommen, beugt Adipositas vor. So ist es ratsam, auf Gemüse, Obst, Nüsse, Fisch und Fleisch zu setzen. Fertiggerichte, verarbeitete fettreiche Wurstwaren, Süßigkeiten, Knabbereien und andere stark verarbeitete Lebensmittel enthalten in der Regel viele Kalorien und sollten daher nur in Maßen verzehrt werden.
Häufig spielen zu viele Kohlenhydrate, zum Beispiel Backwaren, Nudeln, Brot und Brötchen (vor allem Weißmehlprodukte, die wenig sättigen) eine Rolle bei der Entstehung von Adipositas. Der ideale Teller sollte daher wie folgt aussehen: ½ Gemüse, ¼ Eiweißkomponente wie Fisch, Fleisch, Tofu oder Hülsenfrüchte und ¼ Kohlenhydrate wie Kartoffeln, Reis, Quinoa, Nudeln. Eiweiß ist der Nährstoff, der am meisten sättigt. Auch Gemüse füllt durch sein Volumen den Magen und macht so zusätzlich satt – und das bei wenig Kalorien.
Achtung vor zuckerhaltigen Getränken
Der Verzicht auf zuckerhaltige Getränke kann sich ebenfalls vorbeugend auswirken. Gerade das regelmäßige Trinken von Softdrinks kann aufgrund des hohen Zuckeranteils einen negativen Einfluss auf das Gewicht haben. Wer denkt, dass man stattdessen auf Säfte ausweichen kann, liegt leider falsch. Auch Fruchtsäfte haben einen sehr hohen Zuckeranteil und sollten deshalb ebenfalls eher gemieden werden. Trinken Sie stattdessen lieber Wasser und ungesüßten Tee.
Bewegung und Sport
Auch tägliche Bewegung und Sport schützen vor Adipositas und sind wichtiger Bestandteil eines gesunden Lebensstils. Durch Bewegung können Sie Ihren Kalorienbedarf erhöhen und ein „Zuviel“ an Kalorien ausgleichen. Ohne diesen Ausgleich, steigt das Gewicht leichter an.
Bei vielen adipösen Menschen spielt zudem emotionales Essen eine Rolle. Das bedeutet, Essen als Mittel zum Zweck, nämlich bei unangenehmen Gefühlen wie Frust, Traurigkeit, Ärger und Stress einzusetzen. Hin und wieder allein aus Appetit und ohne Hunger zu essen, kann der Körper ausgleichen. Wird jedoch täglich ohne „echten“ Hunger zum Essen gegriffen, entsteht langfristig Adipositas. Eine wichtige Komponente zur Vorbeugung sind daher sinnvolle und hilfreiche Handlungsmöglichkeiten im Umgang mit negativen Gefühlen.

Dr. med. Ulrike Thieme Fachärztin für Neurologie, medizinische Leiterin ZAVA Deutschland
Dr. Ulrike Thieme ist medizinische Leiterin bei ZAVA Deutschland und seit 2018 Teil des Ärzteteams. Ihre Facharztweiterbildung im Bereich Neurologie schloss sie 2018 ab. Vor ihrer Tätigkeit bei ZAVA arbeitete Ulrike Thieme an einem klinischen Forschungsprojekt über neurodegenerative Erkrankungen am National Hospital for Neurology and Neurosurgery, London.
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