Retatrutid – ein neues Medikament zum Abnehmen

Natalia Olaizola-Heil

Medizinisch geprüft von

Natalia Olaizola-Heil

Letzte Änderung: 23 Okt. 2024

Der neue Wirkstoff Retatrutid soll zukünftig bei der Behandlung von starkem Übergewicht zum Einsatz kommen. Lesen Sie hier, wie er wirkt, welche Effekte zu erwarten sind und wann mit einer Zulassung von Retatrutid in Deutschland zu rechnen sein könnte.

Inhalt
 

Kurzübersicht zu Retatrutid

Wirkung von Retatrutid: Der Wirkstoff beeinflusst als 3-fach-Agonist 3 für eine Gewichtsabnahme wichtige Hormone im Körper und kann so dazu beitragen, den Appetit zu verringern und für ein früheres Sättigungsgefühl zu sorgen.

Ergebnisse aus Studien:

  • Teilnehmer mit starkem Übergewicht, die die höchste Dosierung von 12 mg Retatrutid über 48 Wochen erhalten hatten, konnten eine Gewichtsabnahme von knapp 25 % erreichen. In einer Untersuchung an Personen mit nicht-alkoholischer Fettleber reduzierte sich der Leberfettanteil stark.
  • Der Wirkstoff trug bei Menschen mit Diabetes vom Typ 2 zudem zu einer deutlichen Verbesserung des Blutzuckerspiegels und ebenfalls zu einer Gewichtsabnahme bei.

Stand zur Zulassung von Retatrutid:

  • Der Wirkstoff befindet sich noch in der Entwicklung.
  • Phase-II-Studien wurden erfolgreich abgeschlossen.
  • Es folgen mehrere Phase-III-Studien, in denen die Wirksamkeit und Sicherheit von Retatrutid an größeren Patientengruppen untersucht werden.
  • Sind diese erfolgreich, ist mit einer Zulassung von Retatrutid frühestens ab 2026 zu rechnen.
  • Ähnlich wirkende Arzneistoffe (Liraglutid, Tirzepatid, Semaglutid) zur Behandlung von starkem Übergewicht sind bereits auf dem deutschen Markt verfügbar.

Was ist Retatrutid?

Retatrutid ist ein neuer Wirkstoff, ein sogenannter 3-fach-Agonist der Rezeptoren für die Hormone Glucagon-like Peptide 1 (GLP1), Glucagon und das glucoseabhängige insulinotrope Peptid (GIP). In der Zukunft soll Retatrutid bei der Behandlung von starkem Übergewicht oder Adipositas Anwendung finden. Der Arzneistoff befindet sich derzeit noch in der Entwicklung und wird vom US-amerikanischen Pharmaunternehmen Eli Lilly hergestellt.

Patienten, die das neue Abnehmmedikament nach der Zulassung nutzen möchten, werden dafür ein ärztliches Rezept benötigen. Es ist wahrscheinlich, dass Retatrutid dann in Form von Fertigpens zur Selbstinjektion erhältlich sein wird.

Für Menschen, die aktuell aus medizinischer Sicht abnehmen sollten, sind Präparate geeignet, die es auf dem deutschen Markt bereits zu kaufen gibt. Über den Service von ZAVA ist es beispielsweise möglich, eine passende Behandlung mit individueller ärztlicher Empfehlung anzufragen.

Wie wirkt Retatrutid?

Als 3-fach-Agonist stimuliert Retatrutid die Rezeptoren der 3 Hormone

  • GLP-1 (Glucagon-like Peptide-1),
  • Glucagon und
  • GIP (glucoseabhängiges insulinotropes Peptid).

Diese Botenstoffe sind wesentlich am Energiestoffwechsel und der Steuerung des Sättigungsgefühls beteiligt. Retatrutid ahmt die natürliche Wirkung der Hormone nach: So lässt sich unter anderem die Magenentleerung verlangsamen und der Appetit verringern. Auch das Sättigungsgefühl tritt früher ein. Diese Wirkweisen können dabei helfen, Gewicht zu verlieren.

Retatrutid – knapp 25 % Gewichtsverlust bei Studienteilnehmern

Der Hersteller Eli Lilly ließ die Wirksamkeit von Retatrutid in einer Studie als Teil der Phase II untersuchen (klinische Phase der Medikamentenentwicklung mit wenigen Patienten). An dieser Studie nahmen insgesamt 338 Menschen mit

  • Adipositas (ab einem Body-Mass-Index von 30 kg/m2 und höher) oder
  • mit starkem Übergewicht (BMI zwischen 27 und 30 kg/m2) und bereits einer gewichtsbedingten Folgeerkrankung, etwa Bluthochdruck, teil.

Die Probanden erhielten entweder ein Placebo-Medikament ohne Wirkstoff oder wöchentlich eine Injektion Retatrutid mit einer Dosierung von 1, 4, 8 oder 12 mg.

Die Ergebnisse der Phase-II-Studie lassen sich so zusammenfassen:

  • Nach 24 Wochen hatten Probanden mit der höchsten Dosierung von 12 mg Retatrutid im Durchschnitt 17,5 % ihres ursprünglichen Gewichts verloren.
  • Nach 48 Wochen lag der Gewichtsverlust in dieser Untersuchungsgruppe bei 24,2 %.

Menschen, die Retatrutid in einer hohen Dosierung erhalten hatten, konnten ihr Körpergewicht also um fast ein Viertel reduzieren. Ausgehend von diesen Ergebnissen könnte Retatrutid das bislang effektivste Abnehmmedikament sein.

Gewichtsabnahme ist abhängig von der Dosierung

Bei Studienteilnehmern, die eine geringere Menge Retatrutid erhalten hatten, fiel der Gewichtsverlust etwas niedriger aus. Dennoch zeigten sich auch bei ihnen deutliche Effekte. Probanden, die über 48 Wochen 4 mg Retatrutid injiziert bekommen hatten, verloren beispielsweise durchschnittlich 17 % ihres Ausgangsgewichts. Bei einem Startgewicht von 130 kg entspricht dies einem Gewichtsverlust von circa 22 kg.

Positive Wirkung von Retatrutid bei Fettleber

Die nicht-alkoholische Fettleber (NAFLD) gilt als eine häufige Folgeerkrankung von starkem Übergewicht, aus der sich eine chronische Leberentzündung entwickeln kann.

Als Teil der Untersuchungen zu Retatrutid wurde eine Untergruppe mit 98 Teilnehmern in den Fokus genommen, bei denen sich eine NAFLD entwickelt hatte. Nach einer 48-wöchigen Behandlung mit 12 mg Retatrutid zeigten sich in Bezug auf die Fettleber positive Effekte: Bei 90 % der Probanden konnte sich der Leberfettanteil normalisieren – das ist wichtig, um dauerhafte Schäden an der Leber zu verhindern.

Retatrutid bei Diabetes vom Typ 2

In einer weiteren Phase-II-Studie wurden die Auswirkungen von Retatrutid auf Patienten mit der Stoffwechselerkrankung Typ-2-Diabetes untersucht. An dieser Untersuchung nahmen 281 Personen mit Diabetes vom Typ 2 und Übergewicht teil. Sie erhielten über 36 Wochen hinweg wöchentlich entweder

  • Retatrutid in einer Dosierung von 0,5 mg, 4 mg, 8 mg oder 12 mg oder
  • 1,5 mg des GLP-1-Rezeptoragonisten Dulaglutid, der bereits zur besseren Blutzuckerkontrolle bei Diabetes Typ 2 eingesetzt wird, oder
  • ein wirkstofffreies Placebo-Mittel.

Auch die Ergebnisse dieser Studie fielen positiv aus: Die Anwendung von Retatrutid führte (außer bei der niedrigsten Dosierung von 0,5 mg) im Durchschnitt zu einer erheblichen Verbesserung der Blutzuckerwerte. Dabei wirkte Retatrutid gleich gut oder noch besser als das zum Vergleich getestete Dulaglutid.

Zudem konnten die Probanden mit Diabetes im Durchschnitt einen deutlichen Gewichtsverlust erreichen, was sich wiederum positiv auf die Grunderkrankung auswirkt. Patienten mit Typ-2-Diabetes scheinen daher einen doppelten Nutzen von einer Therapie mit Retatrutid zu haben.

Gibt es für Retatrutid bereits eine Zulassung?

Nein, der Wirkstoff befindet sich noch in der Entwicklung. Er ist noch nicht zugelassen – das Medikament gibt es dementsprechend nicht zu kaufen. Die Erkenntnisse aus den Phase-II-Studien gelten jedoch als wichtige Basis für den nächsten Schritt: In insgesamt 4 Phase-III-Studien möchte der Hersteller den Wirkstoff an größeren Patientengruppen umfassend auf seine Wirksamkeit und Sicherheit testen.

Die Untersuchungen umfassen den Einsatz von Retatrutid zur

  • Gewichtsreduktion (auch bei Diabetes),
  • verbesserten Blutzuckerkontrolle sowie
  • zur Therapie von Schlafapnoe (nächtliche Atemaussetzer) und Kniearthrose (Gelenkverschleiß im Knie), die beide als Folge von Übergewicht auftreten können.

Sind die weiteren Studien erfolgreich, untersuchen Experten nochmals alle Ergebnisse genau. Erst wenn diese erneute Prüfung ebenfalls positiv ausfällt, ist eine Zulassung von Retatrutid möglich.

Retatrutid: Mögliche Alternativen zur Gewichtsreduktion

Auch wenn Retatrutid selbst noch nicht verfügbar ist, gibt es doch verschiedene andere Medikamente, die Ärzte zur Behandlung von starkem Übergewicht oder Adipositas verordnen können. Dazu gehören:

Die bisher verfügbaren Abnehmspritzen und ihre Arzneistoffe wirken ähnlich wie Retatrutid, unterscheiden sich aber in einem wichtigen Punkt: Statt 3 Hormonen imitieren sie 1 oder 2 Botenstoffe im Körper. Bei ihnen handelt es sich um

  • GLP-1-Agonisten (z.B. Liraglutid, Semaglutid) oder
  • 2-fach-Agonisten der Rezeptoren für die Hormone GLP-1 und GIP (Tirzepatid).

Retatrutid hingegen ist ein 3-fach-Agonist, der die Rezeptoren von 3 verschiedenen Hormonen stimuliert und so deren Wirkung nachahmt. Es könnte sein, dass sich mit Retatrutid größere Abnehmerfolge erreichen lassen als mit den anderen Medikamenten. Da es bislang jedoch keine Zulassung für Retatrutid gibt, sind die bisher verfügbaren Wirkstoffe gute Optionen für die medikamentöse Behandlung von starkem Übergewicht.

Wann ist es möglich, Retatrutid in Deutschland zu kaufen?

Erst nach der Zulassung von Retatrutid und der Markteinführung eines entsprechenden Medikaments in Deutschland können Ärzte den Wirkstoff verordnen. Dann ist es für Patienten auch möglich, Retatrutid zu kaufen – vorausgesetzt, sie haben ein Rezept dafür.

Eine Einschätzung, wann Retatrutid auf dem deutschen Markt verfügbar sein wird, ist schwierig. Die Ergebnisse der Phase-III-Studien sind voraussichtlich gegen Ende 2025 zu erwarten. Bis diese ausgewertet und nochmals alle Erkenntnisse überprüft sind, vergeht weitere Zeit. Mit einer Zulassung für Retatrutid ist daher frühestens ab 2026 zu rechnen.

Wie eine Behandlung mit Retatrutid aussehen könnte

Der Name des Medikaments, in dem Retatrutid enthalten sein wird, ist noch nicht bekannt. Auch gibt es bislang keine genauen Informationen zur Anwendungsform und Dosierung. Angelehnt an die Studien liegt es jedoch nahe, dass es sich um ein Medikament zur Injektion unter die Haut (z.B. in Form von Fertigpens) handeln wird. Dieses Mittel könnte es in verschiedenen Dosierungen geben, die sich mit der Zeit schrittweise steigern lassen – ähnlich wie bei aktuell verfügbaren Arzneimitteln zum Abnehmen.

Wie viel wird Retatrutid kosten?

Wie hoch die Kosten für ein Medikament mit Retatrutid sein werden, ist schwer vorauszusagen. Vermutlich wird die Behandlung ähnlich teuer wie mit anderen Medikamenten zum Abnehmen. Die Patienten müssen den Preis selbst bezahlen, die Krankenkassen beteiligen sich bislang nicht. Für Patienten, die Retatrutid nutzen möchten, könnten die Kosten also ungefähr zwischen 170 und 350 € pro Monat liegen.

Retatrutid – bekannte Nebenwirkungen

Experten schätzen die Sicherheit und Verträglichkeit von Retatrutid derzeit ähnlich ein, wie bei bereits zugelassenen GLP-1-Rezeptoragonisten (z.B. Semaglutid). Als Nebenwirkungen traten bei Studienteilnehmern häufig Verdauungsbeschwerden auf, wie

  • Übelkeit
  • Erbrechen
  • Verstopfung
  • Durchfall

Diese Symptome sollen sich jedoch durch eine geringe Startdosis und die langsame, schrittweise Erhöhung der Wirkstoffmenge verringern lassen.

Untersuchungen zu Nebenwirkungen

Weitere Informationen zu möglichen Nebenwirkungen durch Retatrutid liegen noch nicht vor. Seltenere Nebenwirkungen lassen sich voraussichtlich in den kommenden Phase-III-Studien identifizieren, wenn eine größere Gruppe an Patienten den Wirkstoff anwendet.

Häufig gestellte Fragen

Was ist Retatrutid und wie hilft es beim Abnehmen?

Retatrutid ist ein neuer Wirkstoff, der sich gerade in Prüfung befindet. Er fördert eine Gewichtsabnahme, indem er 3 verschiedene Hormone im Körper nachahmt, die wesentlich am Energiestoffwechsel beteiligt sind.

Kann ich Retatrutid in Deutschland kaufen?

Nein, für Retatrutid gibt es noch keine Zulassung, es ist daher noch nicht zu kaufen. Der Wirkstoff könnte frühestens im Jahr 2026 auf dem deutschen Markt verfügbar sein.

Wie hoch sind die Kosten für Retatrutid?

Es ist noch nicht klar, wie hoch die Kosten für ein Medikament mit Retatrutid ausfallen werden. Die Behandlung könnte jedoch ähnlich teuer werden wie bei anderen Arzneimitteln zur Gewichtsabnahme: Patienten könnten dann mit Kosten von etwa 170-350 € im Monat rechnen.

Wer ist der Hersteller von Retatrutid?

Der Hersteller von Retatrutid ist das US-amerikanische Pharmaunternehmen Eli Lilly.

Welche Alternativen gibt es für Retatrutid?

Bereits zugelassene Medikamente, die ähnlich wie Retatrutid wirken, sind Saxenda® (Liraglutid), Mounjaro® (Tirzepatid) oder Wegovy® (Semaglutid). Dabei handelt es sich um Fertigspritzen, die Anwender sich auch ohne Vorkenntnisse ganz einfach selbst verabreichen können.

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Natalia Olaizola-Heil Medizinische Autorin

Natalia Olaizola-Heil erhielt nach dem Studium der Pharmazie an der Freien Universität Berlin 1997 ihre Approbation als Apothekerin. Sie arbeitete sowohl in Krankenhausapotheken als auch in öffentlichen Apotheken und absolvierte Weiterbildungen im Bereich Ernährungsberatung und Palliativmedizin. Natalia Olaizola-Heil unterstützt ZAVA bei der medizinischen Texterstellung und -prüfung.

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