Geschlechtskrankheiten und Oralsex
Medizinisch geprüft von
Dr. med. Emily WimmerLetzte Änderung: 05 Juni 2019
Wie hoch ist das Risiko einer Infektion?
Oralsex wird häufig praktiziert. Allerdings ist das Wissen um mögliche gesundheitliche Gefahren von Oralverkehr und verfügbare Schutzmaßnahmen bei vielen Menschen nur sehr lückenhaft.
Es existieren eine Reihe von Krankheiten, die auch durch Oralsex übertragen werden können und mit unterschiedlichen Risiken behaftet sind. Nicht alle Geschlechtskrankheiten zeigen Symptome. Es ist deshalb mitunter schwierig, die Anzeichen von Geschlechtskrankheiten zu erkennen. Sollten Sie den Verdacht haben, sich mit einer sexuell übertragbaren Krankheit infiziert zu haben, können Sie bei ZAVA ein Testkit für Zuhause bestellen. Alternativ können Sie sich auch bei Ihrem Arzt auf sexuell übertragbare Krankheiten testen lassen.
Wie werden Geschlechtskrankheiten übertragen?
Sexuell übertragbare Krankheiten (STIs für sexually transmitted infections) oder Geschlechtskrankheiten werden durch verschiedene Erreger ausgelöst. Manche STIs, wie beispielsweise HIV-Infektionen, werden durch Viren hervorgerufen, während andere Erkrankungen, wie Gonorrhoe durch Bakterien oder andere Mikroorganismen verursacht werden. Die Erreger können dabei beim Geschlechtsverkehr durch den Austausch von Körperflüssigkeiten, wie Sperma oder Vaginalsekret sowie durch Blut im Rahmen von kleinen, unsichtbaren Schleimhautverletzungen, vom einen auf den anderen Sexualpartner übertragen werden.
Kann man sich auch bei Oralsex mit sexuell übertragbaren Krankheiten infizieren?
Oralverkehr gilt heutzutage als gängige Sexualpraxis. Doch welche Gefahren birgt dies hinsichtlich Geschlechtskrankheiten? Auch durch Oralsex können gewisse STIs übertragen werden. Allerdings unterscheiden sich je nach Krankheit die Risiken und teilweise auch die Übertragungsrichtungen, sodass eine differenzierte Betrachtung verschiedener Krankheiten nötig ist.
Kann man sich durch Oralsex mit HIV anstecken?
HIV-Infektionen stellen eine schwerwiegende Gesundheitsgefahr dar und können im Krankheitsverlauf das erworbene Immundefizienz-Syndrom (AIDS) auslösen. Zwar gibt es noch keine abschließende Bewertung des HIV-Infektionsrisikos durch Oralverkehr, allerdings kann im Moment davon ausgegangen werden, dass eine Übertragung von HIV durch Oralsex möglich ist.
Das Risiko einer Übertragung scheint für den aktiven Partner höher zu sein, jedoch gibt es auch einzelne Fallberichte, in denen sich der passive Partner infiziert hat. Im Vergleich zu Vaginal- und insbesondere Analverkehr ist das Infektionsrisiko allerdings geringer. Das Risiko kann bei oraler Befriedigung des Mannes nochmals reduziert werden, wenn dessen Ejakulat nicht aufgenommen wird.
Vor allem bei häufigem Partnerwechsel sollte dennoch an einen ausreichenden Schutz, wie Kondome und Lecktücher, gedacht werden. Ein stark erhöhtes Risiko liegt für den aktiven Partner bei der oralen Befriedigung der Frau vor, wenn diese ihre Tage hat, da Menstruationsblut eine viel höhere Virenlast aufweist als Vaginalsekret. Hierbei sollte in jedem Fall ein passender Schutz verwendet werden.
Besteht die Gefahr, sich mit HPV zu infizieren?
Das humane Papillomavirus (HPV) kann im Genitalbereich Genitalwarzen und verschiedene Krebsarten wie Gebärmutterhalskrebs auslösen. Eine Infektion mit HPV kann im Halsbereich das Risiko für Kehlkopf- und Mandelkrebs steigern.
Oralsex gilt als ein Übertragungsweg für HPV-Infektionen im Mund- und Halsbereich, obwohl die Höhe des Infektionsrisikos unterschiedlich beurteilt wird. Das Risiko steigt mit der Anzahl der Sexualpartner. Außerdem ist eine Infektion in beide Richtungen möglich, das heißt, dass sich auch der passive Partner im Genitalbereich mit HPV anstecken kann, wenn der aktive Partner eine orale HPV-Infektion aufweist.
Kann Genitalherpes durch Oralverkehr übertragen werden?
Die Verbreitung von Herpes durch Oralsex gilt als gesichert. Dies zeigt sich unter anderem dadurch, dass es immer mehr Fälle von Genitalherpes durch Viren gibt, die klassischerweise Lippenherpes auslösen. Besonders offene Herpesbläschen sind außerordentlich virulent, also sehr ansteckend, sodass von Sexualkontakten während eines Herpesausbruchs dringend abgeraten wird.
Dies gilt insbesondere für schwangere Frauen, die kurz vor der Geburt stehen, da bei akut auftretendem Herpes im Genitalbereich die Gefahr besteht, dass sich das Kind beim Geburtsvorgang infiziert, was schwerwiegende gesundheitliche Folgen mit sich ziehen kann.
Welches Risiko besteht für eine Übertragung von Syphilis?
Auslöser der Syphilis ist das Bakterium Treponema pallidum. Nach einer Infektion kommt es üblicherweise zunächst zu Geschwüren im Genital- oder Mundbereich. In rund 50 Prozent der Fälle bleiben diese unbemerkt – sind jedoch nicht weniger ansteckend. Der Erreger gelangt durch kleinste Verletzungen der Haut oder der Schleimhaut in den Körper, kann daher also auch beim Oralverkehr übertragen werden.
Seit 2001 steigen die Zahlen der Infektionen, insbesondere in Großstädten wie Hamburg, Köln oder Berlin, wieder an. Betroffen sind überwiegend homosexuelle Männer.
Kann man sich durch Oralverkehr mit Gonorrhoe (Tripper) anstecken?
Auch Gonorrhoe kann durch oralen Geschlechtsverkehr übertragen werden. Die Infektion erfolgt über direkten Kontakt der Schleimhäute. Beim aktiven Partner kann sich eine Gonorrhoe-Infektion in Form einer Mund- oder Halsentzündung äußern, kann aber auch symptomlos bleiben. Umgekehrt kann aber auch der passive Partner infiziert werden.
Besondere Vorsicht gilt hier für schwangere Frauen, da eine Gonorrhoe auch die Gefahr birgt, eine Frühgeburt oder sogar Fehlgeburt zu begünstigen.
Werden auch Chlamydien durch Oralsex übertragen?
Durch die einerseits relativ weite Verbreitung von Chlamydien und die andererseits häufig symptomlos verlaufende Infektion bei beiden Geschlechtern ist es äußerst schwierig, das Risiko einer Chlamydieninfektion durch Oralverkehr abzuschätzen. Eine Übertragung ist vermutlich in beide Richtungen möglich, allerdings sind noch keine eindeutigen, belastbaren Daten verfügbar.
Insbesondere bei bestehendem Kinderwunsch ist es empfehlenswert, einen Test auf Chlamydien durchzuführen. Denn diese oft unentdeckten Infektionen können sowohl eine Gefahr für die Frau, beispielsweise in Form von Eileiterschwangerschaften, als auch für das ungeborene und neugeborene Kind darstellen.
Gibt es weitere durch Oralsex übertragbare Krankheiten?
Generell sind Virushepatitis-Erkrankungen bei Kontakt mit infektiösem Blut hochansteckend. Bislang wurde in Untersuchungen allenfalls ein geringes Übertragungsrisiko bei oralen Sexualkontakten gefunden. Dieses Risiko kann aber beispielsweise durch Blutungen der Mundschleimhaut erhöht sein.
Auch Harnwegsinfekte, vaginale Pilzinfektionen und bakterielle Vaginosen scheinen durch Oralverkehr häufiger aufzutreten. Sofern neben oro-genitalen (also Mund zu Genitalien) auch oro-anale (Mund zu Anus) Sexualpraktiken durchgeführt werden, steigt zudem das Risiko für Infektionen des Magen-Darm-Trakts sowie umgekehrt für Halsentzündungen.
Daneben gibt es noch eine Vielzahl weiterer durch Oralsex übertragbarer STIs, die jedoch insgesamt relativ selten sind und daher eine untergeordnete Bedeutung haben.
Wie kann man sich vor einer Infektion beim Oralverkehr schützen?
Den besten Schutz gegen die meisten durch Oralverkehr übertragbaren Krankheiten stellen Kondome und Lecktücher dar. Zudem sollten beide Sexualpartner stets auf allgemeine Körperhygiene achten. Dazu gehört auch der Verzicht auf aggressive Seifen im Intimbereich, um die schützende Haut- und Schleimhautflora nicht zu schädigen. Intimwaschlotionen stellen eine sinnvolle Alternative dar.
Gegen HPV-Infektionen schützen Kondome nur bedingt. Hier bietet sich eine Impfung an, die mittlerweile in Deutschland immerhin für Mädchen bis zum 17. Lebensjahr von den gesetzlichen Krankenkassen gezahlt wird.
Für Menschen, die Sexualkontakt mit HIV-infizierten Personen haben, kann außerdem eine Präexpositionsprophylaxe das Erkrankungsrisiko weiter reduzieren.
Je häufiger Partnerwechsel stattfinden, desto stärker steigt das Risiko für eine Infektion mit STIs an. Daher sollte auch beim Oralverkehr auf einen adäquaten Schutz geachtet werden, um sich vor Erkrankungen zu schützen.
Dr. med. Emily Wimmer ist seit 2015 eine unserer deutschen Ärzte bei ZAVA. 2009 schloss sie ihr Studium der Humanmedizin an der Universität zu Lübeck ab. Danach arbeitete sie in der Abteilung für Hämatologie und Onkologie an der MedUni Wien sowie als Assistenzärztin in Hamburg bzw. Prüfärztin am Hamburger Institut für Versorgungsforschung in Dermatologie. Seit 2020 arbeitet Sie zudem in Teilzeit in einer Hausarztpraxis in Hamburg.
Lernen Sie unsere Ärzte kennenLetzte Änderung: 05 Juni 2019
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Danby, C. S., Cosentino, L. A., Rabe, L. K., Priest, C. L., Damare, K. C., Macio, I. S., ... & Hillier, S. L. (2016). Patterns of extragenital chlamydia and gonorrhea in women and men who have sex with men reporting a history of receptive anal intercourse. Sexually transmitted diseases, 43(2), 105.
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