Herzinfarkt bei Frauen
Medizinisch geprüft von
Prof. Dr. med. Thomas MeinertzLetzte Änderung: 10 Sep 2020
Besonderheiten eines Herzinfarkts bei Frauen
Entgegen häufiger Annahmen ist der Herzinfarkt keine typische Männerkrankheit. Im Gegenteil, Männer und Frauen sind in etwa gleichermaßen betroffen. Allerdings können sich die Symptome bei Frauen deutlich von denen bei Männern unterscheiden. Studien zufolge fällt es Frauen deshalb oft schwerer, die Anzeichen richtig zu deuten. So kann unter Umständen ein Herzinfarkt bei Frauen zu spät erkannt werden, was die Erfolgsaussichten einer Behandlung verschlechtert.
ZAVA erklärt die häufigsten Ursachen und die typischen Anzeichen eines Herzinfarktes bei Frauen.
Was passiert bei einem Herzinfarkt?
Ein Herzinfarkt entsteht durch ein Blutgerinnsel, das ein Herzkranzgefäß verstopft. Die medizinische Bezeichnung für ein Blutgerinnsel ist Thrombus. Der Thrombus entsteht an einer Engstelle eines großen Herzkranzgefäßes.. Dort verhindert er den Blutfluss zu den von diesem Gefäß versorgten Abschnitten des Herzmuskels. ird ein Herzgefäß verstopft, so resultiert daraus ein Herzinfarkt. Dabei befindet sich der Thrombus nicht im Herz selbst, sondern in einem Gefäß, das die Herzmuskulatur versorgt (Herzkranzgefäß). So kann sich das Herz in dem betroffenen Gebiet nicht mehr richtig zusammenziehen, was je nach Ausmaß des Infarkts lebensbedrohliche Folgen haben kann.
Wann haben Frauen ein erhöhtes Risiko für einen Herzinfarkt?
Die Risikofaktoren für einen Herzinfarkt sind bei Frauen ähnlich wie bei Männern. Für einen Herzinfarkt gibt es unterschiedliche Risikofaktoren, von denen manche beeinflussbar sind und andere nicht. Zu den beeinflussbaren Risikofaktoren zählen vor allem Rauchen, ungesunde Ernährung, Fettleibigkeit, hohes Cholesterin, mangelnde körperliche Betätigung, Bluthochdruck und Zuckerkrankheit (Diabetes).Nicht beeinflussbar hingegen sind das Alter, das vor allem bei Frauen über 55 als riskant gilt sowie eine Familiengeschichte von Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Die Folge von einem oder mehreren dieser Risikofaktoren ist in erster Linie die Arteriosklerose, eine Einengung der Herzkranzgefäße durch Fetteinlagerung und meist Verkalkung. In den Herzkranzgefäßen wird die Arteriosklerose mit Einengungen der Herzkranzgefäße als koronare Herzkrankheit bezeichnet. Eine gefürchtete Komplikation der koronaren Herzkrankheit ist der Herzinfarkt.
Gibt es spezielle Risiken für Frauen?
Eine wichtige Krankheit die nur bei Frauen vorkommt, ist die Präeklampsie in der Schwangerschaft. Sie wird umgangssprachlich auch als Schwangerschaftsvergiftung bezeichnet. Bei der Präeklampsie kommt es unter anderem zu einem ausgeprägten Bluthochdruck, der akut für Fötus und Mutter lebensbedrohlich ist. Dieser Blutdruckanstieg bedeutet eine starke Belastung für den Herzmuskel. Dadurch kann sich langfristig eine Herzschwäche (Herzinsuffizienz) entwickeln.
Bei Frauen kann in äußerst seltenen Fällen auch die Einnahme der Pille eine Thrombose auslösen. Dabei sind jedoch venöse Thrombosen wie zum Beispiel eine tiefe Beinvenenthrombose häufiger. Ebenso können andere hormonelle Verhütungsmethoden wie der Vaginalring und das Verhütungspflaster eventuell das Risiko für Blutgerinnsel erhöhen.
Der Risikofaktor Alter spielt nicht nur allgemein bezüglich der Entstehung der Arteriosklerose eine wichtige Rolle. Ärzte haben festgestellt, dass Frauen ab den Wechseljahren aufgrund der Hormonumstellung ein erhöhtes Thromboserisiko haben. Bei Männern steigt das Risiko mit zunehmendem Alter ebenfalls. Für Frauen konnte jedoch ein deutlicher Anstieg ab den Wechseljahren nachgewiesen werden. Vor dem Alter von etwa 55 Jahren sind thrombotische Ereignisse wie Herzinfarkte und Schlaganfälle bei Männern wesentlich häufiger. Ab 55 treten jedoch bei Frauen vermehrt Komplikationen auf, was vermutlich vor allem auf die veränderte Hormonkonstellation zurückzuführen ist.
Welche Symptome des Herzinfarkts treten bei beiden Geschlechtern häufig auf?
Typische Symptome eines Herzinfarkts sind Enge- und Druckgefühl im Brustkorb mit zum Teil brennendem Charakter und möglicher Ausstrahlung in Hals, Schultern, Bauchraum oder Rücken. Außerdem kalter Schweiß, Übelkeit und Brechreiz sowie Todesangst. Vor diesen Anzeichen wird häufig gewarnt und die meisten Menschen kennen sie als Alarmsignal für einen Herzinfarkt. Sie sind jedoch eher männer-typisch und können bei Frauen abgeschwächt oder gar nicht auftreten.
Welche Anzeichen eines Herzinfarkts treten typischerweise eher bei Frauen auf?
Bei Frauen zeigen sich häufig nicht die typischen Symptome eines Herzinfarkts. Andere, noch unspezifischere Anzeichen für einen Herzinfarkt sind bei Frauen jedoch häufig. Die durch den Herzinfarkt ausgelösten Schmerzen spüren viele Frauen nicht im Arm oder im Rücken, sondern vor allem im oberen Bauch. Nur wenige Menschen wissen, dass dazu auch Übelkeit und Erbrechen kommen können.
Nicht immer sind es jedoch unbedingt Schmerzen, die bei Frauen auf einen Herzinfarkt hinweisen. Besonders im Bereich der Brust und des Oberbauchs sind Frauen oft eher von einem Druckgefühl anstelle stechender Schmerzen betroffen. Auch Atemnot tritt bei Frauen immer wieder, besonders in Zusammenhang mit einem Engegefühl in der Brust auf.
Solche Anzeichen treten allerdings häufiger auch bei anderen Erkrankungen auf und sind nicht unbedingt ein Grund zur Sorge. Symptome wie Atemnot und Oberbauchbeschwerden kommen relativ oft vor, sodass sie nicht richtig gedeutet oder gar nicht ernst genommen werden. Besonders wenn die Symptome erstmals oder extrem stark ausgeprägt auftreten, muss aber unbedingt an einen Herzinfarkt gedacht werden.
Gibt es andere Therapiemöglichkeiten für Frauen als für Männer?
Die Akuttherapie mit sofortigem Transport ins Krankenhaus, Medikamentengabe und Herzkatheterisierung erfolgt bei beiden Geschlechtern gleich. Ziel ist es, die Durchblutung des Herzmuskels an der betroffenen Stelle so schnell wie möglich wieder herzustellen. So kann das Überleben gesichert und Folgeschäden verhindert werden.
Die Erkenntnis, dass die Herzinfarktrate bei Frauen ab der Menopause deutlich ansteigt, führte zu Überlegungen, ob eine Hormonersatztherapie einen Infarkt unter Umständen verhindern kann. Zahlreiche Studien zum Zusammenhang zwischen einer Hormonersatztherapie mit Östrogen und dem Vorkommen von Herzinfarkten konnten jedoch keine deutliche Verbesserung zeigen. Wegen der zahlreichen Nebenwirkungen von Östrogentherapien wird deshalb von einer Hormonbehandlung zur Vorbeugung von Herzinfarkten aus ärztlicher Sicht abgeraten.
Die wichtigsten Bestandteile einer Therapie nach Herzinfarkt bei Männern und Frauen sind Medikamente, die die Gerinnung beeinflussen (Blutverdünner wie zum Beispiel Aspirin), Blutdrucksenker und Statine zur Senkung des Cholesterinspiegels.
Wie sollten Frauen sich nach einem Herzinfarkt verhalten?
Wenn es bereits zu einem Herzinfarkt kam, sind verschiedene Verhaltensmaßnahmen zur Rehabilitation und Vorbeugung weiterer Infarkte wichtig. An erster Stelle steht ebenso wie bei Männern der vollständige Verzicht auf Nikotin, also Zigarettenrauchen.
Ebenso dringend wird geraten, die Medikamente laut ärztlicher Vorschrift einzunehmen und nicht eigenständig abzusetzen. Bei einem Arztwechsel sollten alte Briefe stets vorgezeigt werden, damit der Behandler immer über die Krankengeschichte informiert ist.
Frauen mit einem Herzinfarkt vor den Wechseljahren, die die Pille eingenommen haben oder einnehmen möchten, müssen ihrem Arzt von der Erkrankung erzählen. Ein thrombotisches Geschehen wie ein Herzinfarkt oder ein Schlaganfall schließen nämlich die Einnahme der Kombinationspille aus.
Nach einem Herzinfarkt ist die Rehabilitation mit angemessener körperlicher Betätigung, gesunder Ernährung und gezielter Entspannung äußerst wichtig. Dazu wird im Krankenhaus und bei ambulanter Weiterbehandlung ausführlich beraten. Gegebenenfalls wird auch eine stationäre Reha angeraten.
Langfristig gelten für Patientinnen die gleichen Regeln wie zur Vorbeugung eines Herzinfarktes. Die gesunde Lebensweise betrifft vor allem die Bereiche Ernährung und Bewegung.
Wie können Frauen einem Herzinfarkt vorbeugen?
Die Herzinfarkt-Prävention ist nicht nur für Patientinnen mit erhöhtem Risiko für einen Infarkt von Bedeutung. Eine gezielte Herzinfarkt-Vorbeugung umfasst die Einnahme bestimmter Medikamente bei Hochrisikopatienten mit Arteriosklerose oder Herzinsuffizienz.
Auch eine gesunde Ernährung und ausreichend körperliche Bewegung zählen zu den Vorbeugungs-Maßnahmen. Mit Hilfe einer Veränderung des Lebensstils kann die Wahrscheinlichkeit für die Entstehung von vielen Herz-Kreislauf-Erkrankungen bereits verringert werden. Dazu zählt vor allem die gesunde Ernährung (sogenannte Mittelmeerkost) mit wenig Cholesterin und mehr pflanzlichen Fetten. Zusätzlich wird regelmäßige körperliche Betätigung im leichten Ausdauerbereich empfohlen.
Wichtig ist auch der Verzicht auf Alkohol. Ein entscheidender Unterschied zwischen Frauen und Männern sind die von der WHO beschriebenen Maximalgrenzen bezüglich des Alkoholkonsums. Frauen sollten laut dieser Empfehlung nur maximal 12 Gramm Alkohol am Tag trinken, das sind etwa 0,25 bis 0,3 Liter Bier oder 0,1 Liter Wein. Bei Männern liegt die Grenze immerhin doppelt so hoch. Frauen sollten deshalb besonders darauf achten, ihren Alkoholkonsum einzuschränken. Damit wird nicht nur das Herzinfarkt-Risiko, sondern auch das Risiko für andere Herz-Kreislauf-Erkrankungen sowie unter anderem Erkrankungen der Leber gesenkt.
Prof. Dr. med. Thomas Meinertz Mitglied des medizinischen Beirats und Autor
Prof. Dr. med. Thomas Meinertz unterstützt ZAVA seit 2020 als Mitglied des medizinischen Beirats sowie bei der medizinischen Textprüfung. Der ehemalige Direktor des Herzzentrums am Universitätskrankenhaus Hamburg und langjährige Vorstandsvorsitzende sowie aktueller Chefredakteur der Deutschen Herzstiftung betreibt heute eine internistische Praxis in Hamburg. Neben seiner Mitwirkung an verschiedenen Lehrbüchern verfasste er über 400 Artikel, die in renommierten Fachjournalen veröffentlicht wurden.
Lernen Sie unsere Ärzte kennenLetzte Änderung: 10 Sep 2020
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Duale Reihe Pharmakologie und Toxikologie, Thieme Verlag, 1. Auflage 2011, Autoren: Karl Heinz Graefe, Werner Lutz, Heinz Böhnisch (S. 467 – 477)
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Innere Medizin, 12. Auflage 2005, Thieme Verlag, Hrsg. H. Greten (S. 274 – 306)