Triptane
Medizinisch geprüft von
Dr. med. Ulrike ThiemeLetzte Änderung: 02 Sept. 2019
Wie wirken Triptane gegen Migräne?
In Deutschland leiden etwa acht Millionen Menschen an Migräne. Diese anfallsartig auftretenden, pochenden Kopfschmerzen schränken die Betroffenen in ihrem Tagesablauf immens ein. Ein Migräneanfall dauert zwischen 4 und 72 Stunden und neben den starken Kopfschmerzen leiden die Patienten unter möglichen Begleitsymptomen wie Appetitlosigkeit, Übelkeit, Sehstörungen sowie Lärm- und Lichtempfindlichkeit. An das Ausüben normaler Tätigkeiten ist während eines Migräneanfalls nicht zu denken.
Seit den 1990er-Jahren gibt es jedoch eine neue, besonders wirksame Behandlungsmöglichkeit bei Migräneanfällen: die Einnahme von Triptanen. Sie werden zu Beginn eines Migräneanfalls eingenommen und können damit den schweren, bis mehrtägigen Verlauf behandeln.
Was passiert bei Migräne-Kopfschmerzen?
Der genaue Ablauf einer Migräneattacke im Gehirn ist noch nicht vollständig aufgeklärt. Es ist jedoch belegt, dass die Blutgefäße im Gehirn, den Hirnhäuten und solche, die zum Gehirn hinführen, bei einem Migräneanfall im Verlauf entzündet und erweitert sind. Die Folgen sind eine gestörte Durchblutung und Sauerstoffversorgung des Gehirns.
Eine mögliche Ursache liegt darin, dass der Serotonin-Spiegel nicht im Gleichgewicht ist. Serotonin ist ein Botenstoff, der nur an bestimmten Bindestellen andocken kann: den Serotonin-Rezeptoren (5-HT-Rezeptoren). Darüber steuert er die Verengung und Erweiterung von Blutgefäßen. Über die Serotonin-Rezeptoren wird auch die Ausschüttung von Entzündungsfaktoren gesteuert, die eine Entzündung der Blutgefäße auslösen.
Bei einem gestörten Serotonin-Spiegel weiten sich die Blutgefäße und die Nervenenden an den Blutgefäßen werden aktiviert, wodurch intensive Kopfschmerzen ausgelöst werden. Diese Schmerzen werden häufig als pulsierend wahrgenommen.
Die mit der Rezeptor-Aktivierung einhergehende Ausschüttung der Entzündungsfaktoren löst eine Entzündung der Blutgefäße aus. Das ist zusätzlich schmerzhaft, da die Nervenenden zusätzlich gereizt werden. Durch die Ausbreitung der Erregungen können auch Strukturen im zentralen Nervensystem aktiviert werden, die zu Begleitsymptomen wie Übelkeit und Erbrechen führen.
Wie wirken Triptane bei einer Migräne?
Im Gegensatz zu herkömmlichen Schmerzmedikamenten wirken Triptane gezielt an den Stellen im Gehirn, die für die Migräne verantwortlich sind. Sie haben nur eine geringe Wirkung an anderen Strukturen wie z.B. denen des Herz-Kreislauf-Systems. Nebenwirkungen kommen daher selten vor. Die Wirkung der Triptane setzt schnell ein und der Anfall wird erheblich verkürzt.
Triptane binden selektiv an die entsprechenden Serotonin-Rezeptoren. Durch diese spezifische Bindung werden die Blutgefäße im Gehirn verengt und die Durchblutung und Sauerstoffversorgung des Gehirns wieder ins Gleichgewicht gebracht. Zudem wird die weitere Ausschüttung von Entzündungsfaktoren vermindert, da der verantwortliche Rezeptor blockiert ist. Durch diese beiden Wirkprinzipien wird die Nervenaktivität normalisiert und der Schmerz und weitere Symptome lassen nach.
Welche Vorteile haben Triptane gegenüber anderen Kopfschmerzmitteln?
Der Vorteil der Triptane liegt darin, dass sie gezielt gegen Migräne-Kopfschmerzen wirken und kaum Nebenwirkungen haben. Gleichzeitig lindern sie die Begleitsymptome wie Übelkeit. Triptane sind in ihrer Wirkungsweise sehr effektiv. Sie bei bis zu 80 Prozent der Patienten gegen den Migräneanfall und ihre Wirkung tritt meist innerhalb von 30-60 Minuten ein. Aufgrund ihrer spezifischen Wirkung können die meisten anderen Kopfschmerzen (Ausnahmen bestehen) jedoch nicht mit Triptanen behandelt werden.
Wie wurde ursprünglich nach Migränemitteln geforscht?
Schon im 19. Jahrhundert wurde festgestellt, dass ein Migräneanfall mit der Erweiterung der Blutgefäße im Gehirn einhergeht. In den 1960er-Jahren wurde durch eine australische Studie belegt, dass gefäßverengende Stoffe wie Noradrenalin oder Ergotamin eine Migräneattacke stoppen können. Auf Basis dieser Erkenntnisse startete das britische Unternehmen GlaxoSmithKline (GSK) im Jahr 1972 gezielt die Suche nach einem Wirkstoff gegen Migräne. Die Forscher beobachteten, dass die aufgrund einer Migräne erweiterten Blutgefäße auch durch das Hormon Serotonin verengt werden können. Serotonin eignete sich jedoch nicht als Migränetherapeutikum, da es starke Nebenwirkungen auf das Herz-Kreislaufsystem und den Magen-Darm-Trakt hat. Daher fokussierten sich weitere Studien auf die Serotonin-Rezeptoren im Gehirn. Es sollte ein serotoninähnlicher Stoff gefunden werden, der gezielt an diesen Rezeptoren wirkt und nicht an anderen Rezeptoren im Herz-Kreislaufsystem.
In den 1980er Jahren wurde der erste Kandidat identifiziert: Der Stoff 5-CT (5-Carboxamidotryptamin) bindet spezifisch an eine spezielle Art der Serotonin-Rezeptoren. In präklinischen Studien stellte sich jedoch heraus, dass 5-CT sehr starke Nebenwirkungen auf das Herz-Kreislaufsystem hat und die Studie wurde abgebrochen.
Wie wurden Triptane entdeckt?
Schließlich gelang dem Unternehmen GSK der Durchbruch: Das erste Triptan, Sumatriptan, wurde entwickelt und hatte die gewünschte Wirkung. Während es spezifisch an die Serotonin-Rezeptoren bindet, die für Migräne verantwortlich sind, bindet Sumatriptan nicht an Herz-Kreislauf-Rezeptoren und hat daher kaum unerwünschte Nebenwirkungen. Im Jahr 1992 wurde Sumatriptan erstmals in den USA als Migränearzneimittel zugelassen und wenig später auch in Deutschland.
Es wurde jedoch weiterhin an der Entwicklung neuer Triptane geforscht, da Sumatriptan in Tablettenform nur in kleineren Mengen in den Kreislauf gelangt und ein bedeutender Anteil der eingenommenen Menge nicht am Wirkort ankommt. Pharmazeuten sprechen hier von einer schlechten Bioverfügbarkeit. Im weiteren Verlauf der Forschung konnten einige neue Triptane entwickelt werden, die eine bessere Bioverfügbarkeit haben. Zu diesen sogenannten “Triptanen zweiter Generation” gehören unter anderem Rizatriptan (z.B. Maxalt®) und Zolmitritpan (z.B. AscoTop®), welche als Nasensprays erhältlich sind. Ihr Wirkungsprofil ist im Vergleich zu Sumatriptan in Wirkungsgeschwindigkeit und Wirkdauer ausgeglichener. Sumatriptan wirkt zwar sehr schnell, hat jedoch eine kürzere Wirkdauer als die Triptane der zweiten Generation.
Dr. med. Ulrike Thieme ist Medizinische Leiterin bei ZAVA und seit 2018 Teil des Ärzteteams. Ihre Facharztweiterbildung im Bereich Neurologie schloss sie 2018 ab. Vor ihrer Tätigkeit bei ZAVA arbeitete Dr. med. Ulrike Thieme an einem klinischen Forschungsprojekt über neurodegenerative Erkrankungen am National Hospital for Neurology and Neurosurgery, London.
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