Welche Tabletten können gegen starkes Schwitzen helfen?

Dr. med. Ulrike Thieme, Medizinische Leiterin bei ZAVA , Foto rund

Medizinisch geprüft von

Dr. med. Ulrike Thieme

Letzte Änderung: 15 Feb 2023

Das übermäßige Schwitzen, auch Hyperhidrose genannt, ist für viele Betroffene sehr belastend – Deos und spezielle Cremes können die unangenehme Schweißbildung oft gut vermindern. Sind allerdings viele Bereiche des Körpers betroffen oder einige Stellen nicht für Cremes geeignet, kommen mitunter auch Tabletten zum Einsatz. Ärzte können sogenannte Anticholinergika verschreiben, die die Aktivierung der Schweißdrüsen verhindern. Als pflanzliche Alternative stehen Salbeitabletten zur Verfügung, die besonders bei Wechseljahresbeschwerden oft Besserung bewirken. Alle Informationen zu den verschiedenen Tabletten gegen das Schwitzen finden Sie hier im Überblick.

Inhalt
Mann in Hemd mit Tasche auf Fahrrad
 

Anticholinergika unterdrücken die Aktivierung von Schweißdrüsen

Derzeit gibt es nur eine Gruppe von Medikamenten zur Einnahme, die speziell für Hyperhidrose zugelassen sind: Die sogenannten Anticholinergika. Wie im Namen schon angedeutet, hemmen sie den Botenstoff Acetylcholin. Dieser aktiviert innerhalb des sympathischen Nervensystems die Schweißdrüsen, sodass sie Schweiß produzieren und über die Haut nach außen abgeben.

Das Nervensystem des Körpers lässt sich in 2 verschiedene Systeme einteilen: Das sympathische Nervensystem versetzt, vereinfacht gesagt, den Körper in den Belastungszustand und hat eine aktivierende Wirkung – auch auf die Schweißdrüsen. Als Gegenspieler dazu übernimmt das parasympathische Nervensystem Prozesse des Ruhezustands.

Zu den Anticholinergika zur symptomatischen Behandlung von Hyperhidrose zählen Methantheliniumbromid und Bornaprinhydrochlorid.

Nebenwirkungen und Nachteile von Anticholinergika in Tablettenform

Die Wirkung der Anticholinergika in Tablettenform beschränkt sich nicht allein auf die Schweißdrüsen, sondern beeinflusst viele weitere Organe und Muskeln, die über den Botenstoff Acetylcholin aktiviert werden. Daher ist während der Einnahme mit teils starken Nebenwirkungen zu rechnen, insbesondere Verdauungsprobleme, Schlafstörungen, Sehstörungen und Mundtrockenheit. Auch Herzrasen und psychische Auswirkungen (Verwirrtheitszustände, Konzentrationsschwäche) sind möglich. Um Nebenwirkungen zu reduzieren, beginnt die Behandlung meist mit einer geringen Dosierung und wird Schritt für Schritt erhöht.

Ein weiterer Nachteil: Während der Einnahme kann womöglich ein Gewöhnungseffekt eintreten, sodass die Aktivierung der Schweißdrüsen wieder einsetzt. Außerdem ist auf Anzeichen für Überhitzung zu achten, denn ohne Schweiß entfällt auch dessen hautkühlender Effekt.

Anticholinergika in Tablettenform können sehr starke und gesundheitsgefährdende Nebenwirkungen verursachen. Ihr Einsatz lohnt sich daher nur, wenn der Leidensdruck der Patienten sehr hoch ist und sollte genau nach ärztlicher Anleitung erfolgen.

Axhidrox®: Anticholinergikum als Creme

Seit 2022 ist nun auch ein Anticholinergikum zum Auftragen auf die Haut erhältlich. Das Medikament Axhidrox® von Dr.Wolff enthält den Wirkstoff Glycopyrroniumbromid und soll seine Wirkung nur lokal in den Achseln entfalten, um die Nebenwirkungen während der Anwendung zu verringern. Wenn Sie an primärer axillärer Hyperhidrose (in den Achseln) leiden, können Sie Ihre Verschreibung für das Medikament in der ZAVA Online-Arztpraxis direkt anfragen.

Hinweis: Aktuell gibt es leider keine ursächliche Behandlung für Hyperhidrose – mit verschiedenen Medikamenten können lediglich die Symptome, in diesem Fall die Schweißproduktion, gelindert werden.

Weitere Medikamente im Off-Label-Use

Bei einigen Medikamenten ist die unterdrückte Schweißbildung nicht die beabsichtigte Wirkung, sondern vielmehr ein Nebeneffekt der Behandlung eines anderen Problems. Ein Beispiel: Der Betablocker Propranolol ist zur Behandlung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen gedacht, wirkt aber nebenbei auch gegen starkes Schwitzen.

Solche Wirkstoffe sind eigentlich für einen anderen Zweck zugelassen, können aber im so genannten Off-Label-Use auch an Patienten mit Hyperhidrose verschrieben werden. Das geschieht allerdings sehr selten und nur in besonders schweren Fällen, bei denen andere Medikamente keine Wirkung zeigen.

Zu diesen Wirkstoffen zählen vor allem weitere Anticholinergika, einige Blutdrucksenker und bestimmte Antidepressiva:

  • Oxybutynin (Anticholinergikum, bei einer überaktiven Blase)
  • Atropin (Anticholinergikum, u.a. bei stark verlangsamtem Herzschlag)
  • Amitriptylin und Paroxetin (Antidepressiva)
  • Gabapentin (Antiepileptikum, bei Epilepsie oder Nervenschmerzen)
  • Propranolol (Betablocker, bei einigen Herz-Kreislauf-Erkrankungen)
  • Diltiazem (Kalziumantagonist, bei einigen Herz-Kreislauf-Erkrankungen)
  • Phentolamin (nicht-selektiver Alphablocker, u.a. bei Erektionsstörungen)

Die pflanzliche Alternative: Salbeitabletten

Die Arzneipflanze Salbei (Salvia Officinalis) wird bereits seit Jahrhunderten im traditionellen Gebrauch bei starkem Schwitzen verwendet. Mittlerweile gibt es das Kraut als Extrakt in Tablettenform: Insbesondere bei Schwitzen während der Menopause berichten viele Frauen von positiven Effekten.

Die genaue Wirkung und Wirkweise ist bisher unbekannt, vermutet wird ein adstringierender (gefäßverengender) Effekt durch die enthaltenen Gerbstoffe. Zudem konnte die Wirkung bisher nicht in wissenschaftlichen Studien bestätigt werden; allerdings bringt die Einnahme von Salbei auch nur ein geringes Risiko für Nebenwirkungen mit sich, sodass viele Ärzte empfehlen, das pflanzliche Mittel einmal auszutesten. Die Tabletten können alleine oder auch zur Unterstützung anderer Behandlungsmethoden genutzt werden.

Für wen sind Tabletten gegen Schwitzen geeignet?

Anticholinergika und weitere verschreibungspflichtige Tabletten bringen ein höheres Risiko für Nebenwirkungen mit sich. Sie werden daher nicht sofort bei Anzeichen von übermäßigem Schwitzen verschrieben, sondern erst in besonders starken Fällen, wenn die Anwendung von Deos, speziellen Cremes gegen Schwitzen oder einer Iontophorese nicht ausreicht. Zusätzlich kommen die Tabletten in Frage, wenn die betroffene Körperstelle schwierig mit Cremes oder Deos zu behandeln ist, etwa am Kopf. Auch eine generalisierte Hyperhidrose (2 oder mehr Körperstellen betroffen) spricht für die Behandlung mit Tabletten.

Vor dem Einsatz von Tabletten sollte der Arzt bestimmte Erkrankungen ausschließen, die möglicherweise der Auslöser für das vermehrte Schwitzen sind. Denn dann ist die Behandlung der auslösenden Erkrankung/Kondition meist effektiver, um auch das Schwitzen zu reduzieren.

Häufig gestellte Fragen

Was hilft wirklich gegen starkes Schwitzen?

Gegen starkes Schwitzen helfen Deos oder Cremes mit Aluminiumsalzen. Anticholinergika als Creme oder in Tablettenform können die Schweißproduktion unterdrücken.

Was gibt es in der Apotheke gegen Schwitzen?

In der Apotheke gibt es rezeptfrei Deos mit Aluminiumsalzen oder Salbeitabletten. Auf Rezept sind außerdem Anticholinergika als Creme oder Tabletten erhältlich, die die Aktivierung der Schweißdrüsen hemmen.

Welches Vitamin fehlt, wenn man schwitzt?

Hyperhidrose wird in der Regel nicht durch Vitaminmängel ausgelöst. Vereinzelt wird aber von nächtlichen Schweißausbrüchen bei Vitamin-B12-Mangel berichtet. Über den Schweiß geht vorwiegend Wasser, aber auch einige Mineralstoffe verloren: Mineralwasser ist eine gute Option, um beides wieder einzuholen.

Was steckt hinter starkem Schwitzen?

Starkes Schwitzen hat oftmals keine weitere Ursache als besonders viele und aktive Schweißdrüsen in der Haut. Es können aber auch verschiedene Erkrankungen dahinter stecken, die vom Arzt überprüft werden sollten.

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Medizinisch geprüft von:
Dr. med. Ulrike Thieme Fachärztin für Neurologie, Medizinische Leiterin ZAVA Deutschland

Dr. med. Ulrike Thieme ist Medizinische Leiterin bei ZAVA Deutschland und seit 2018 Teil des Ärzteteams. Ihre Facharztweiterbildung im Bereich Neurologie schloss sie 2018 ab. Vor ihrer Tätigkeit bei ZAVA arbeitete Dr. med. Ulrike Thieme an einem klinischen Forschungsprojekt über neurodegenerative Erkrankungen am National Hospital for Neurology and Neurosurgery, London.

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Letzte Änderung: 15 Feb 2023

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