Pille und Antibiotika
Medizinisch geprüft von
Beverley KuglerLetzte Änderung: 17 Jan. 2019
Was muss man beachten, wenn man die Pille und Antibiotika nimmt?
Es gibt zahlreiche Berichte über einen Zusammenhang zwischen der gleichzeitigen Einnahme der Pille (oralen Kontrazeptiva) und Antibiotika und einer ungewollten Schwangerschaft. Daraus ziehen manche Frauen den Schluss, dass Antibiotika die verhütende Wirkung der Pille beeinflussen. Klinische Studien zeigen, dass es als Nebenwirkungen der Antibiotika zum Versagen der Pille kommen kann. Antibiotika führen nicht zu einer direkten Hemmung der hormonellen Wirkstoffe der Pille. Sie können jedoch Übelkeit, Erbrechen und eine Erhöhung der Leberenzyme auslösen. Außerdem können sie indirekt den Abbau der Wirkstoffe der Pille beschleunigen und dadurch die empfängnisverhütende Wirkung herabsetzen. Eine Rücksprache mit einem Arzt und ein genaues Lesen der Beipackzettel wird daher bei Einnahme der Pille und Antibiotika empfohlen.
Wie zuverlässig ist die Pille und wann ist ihre Wirkung beeinträchtigt?
Die Einnahme von Antibabypillen gehört weltweit aufgrund ihrer Einfachheit und Effektivität zu den beliebtesten Verhütungsmethoden. Bei im Schnitt gerade einmal 0,1 Prozent der Frauen kommt es bei richtiger Anwendung zu einer unerwünschten Schwangerschaft unter der Pille. Das Auftreten einer unerwünschten Schwangerschaft ist meist auf eine fehlerhafte Anwendung, wie das Vergessen der Einnahme oder eine unvollständige Resorption (Aufnahme) des Wirkstoffes, zurückzuführen. Beispielsweise werden die Hormone der Pille bei Magen-Darm-Erkrankungen schlechter aufgenommen. Ein weiterer namhafter Faktor ist die Wechselwirkung von hormonbasierten Verhütungsmitteln in Kombination mit Breitbandantibiotika. Hierbei spielt es keine Rolle, ob es sich bei der Pille um eine Minipille (reines Progesteron-Präparat) oder eine Kombinationspille (Östrogen-Progesteron-Kombination) handelt, sehr wohl jedoch, welches Antibiotikum eingenommen wird.
Häufig bei ZAVA angefragte Antibabypillen
Wie werden die Wirkstoffe der Pille im Körper aufgenommen?
Bei der Einnahme der Pille wird etwa 50 Prozent des Wirkstoffes Östrogen im Magen-Darm-Trakt aufgenommen. Der verbleibende Wirkstoff wird an der Darmwand oder in der Leber abgebaut (metabolisiert). Die Abbauprodukte aus der Leber sind weniger wirksam als das im Magen-Darm-Trakt aufgenommene Östrogen, sind jedoch auch noch weiterhin im Körper aktiv. Somit kann man festhalten, dass die wichtigsten Orte für die Aufnahme und den Abbau des Pillenwirkstoffs der Magen-Darm-Trakt und die Leber sind. Bis zur vollständigen Resorption der Wirkstoffe braucht der Körper mindestens 4 Stunden, bis zum vollständigen Abbau der Wirkstoffe kann es Wochen dauern. Allerdings sinkt schon nach 36 Stunden der Progesteron- und Östrogenspiegel soweit ab, dass die Wirkung der Pille beeinträchtigt ist (bei manchen Minipillen liegt diese Zeitspanne sogar nur bei 27 Stunden). Deshalb kann ein einmaliges Vergessen der Pille schon zu einer ungewollten Schwangerschaft führen.
Wie können Antibiotika die Wirkung der Pille stören?
Es gibt 4 Möglichkeiten, wie die Wirkung der Pille von Antibiotika gestört werden kann:
1.) Verminderte Aufnahme
Eine bekannte Nebenwirkung von Antibiotika ist ihre Wirkung auf die Magengesundheit und die Darmflora. Da Antibiotika maßgeblich in den Lebenszyklus von Bakterien eingreifen, jedoch nicht zwischen schädlichen und den „guten“ Darmbakterien des Menschen unterscheiden können, führt ihre Einnahme in vielen Fällen zu Übelkeit, Durchfall und Erbrechen. Orale Kontrazeptiva müssen mindestens 4 Stunden im Magen-Darm-Trakt verbleiben, um vom Körper effektiv aufgenommen zu werden. Wird dieser Zeitraum nicht eingehalten und die Pille auf die eine oder andere Art schneller aus dem Körper geschwemmt, ist der Schutz nicht mehr gewährleistet.
2.) Beschleunigter Abbau
2 antibiotische Wirkstoffe, Rifampicin und Rifambutin, haben Einfluss auf die Konzentration der Enzyme in der Leber. Einige Enzymgruppen bauen auch Medikamente ab und reduzieren somit die Menge des Wirkstoffes im Körper. Wirken Antibiotika auf die Menge der betreffenden Enzyme und erhöhen deren Konzentration im Körper, führt das zu einem beschleunigten Abbau von Progesteron und die benötigte Menge des Hormons für eine zuverlässige Wirksamkeit der Pille kann unterschritten werden. Besonders betroffen sind Frauen, die bereits von einer schlechten Resorption der Pille betroffen sind. Eine Erhöhung der Leberenzyme führt in diesen Fällen sehr schnell zum Versagen der Pille.
3.) Verringerte Einnahmegenauigkeit
In einzelnen Fällen führt die Übelkeit, die von Antibiotika ausgelöst wird, zu einer Unlust der Patientinnen die Pille einzunehmen, oder die Einnahme wird unbewusst vergessen.
4.) Hemmende Wirkung durch weitere Medikamente
Medikamente, die zusätzlich zu den Antibiotika eingenommen werden, können auch die Wirkung der Pille hemmen. Hierzu gehören Antiepileptika, Antihistaminika, Diuretika, manche Vitaminpräparate, Johanniskraut und Medikamente gegen Magengeschwüre.
Wie schützt man sich bei Einnahme von Antibiotika vor einer ungewollten Schwangerschaft?
Zunächst ist es besonders wichtig, bei der Verschreibung der Antibiotika den Arzt auf die gleichzeitige Einnahme der Pille hinzuweisen. Hierbei sollte auch die Einnahme von weiteren Medikamenten nicht verschwiegen werden. Generell ist es ratsam, während der Einnahme des Antibiotikums und bis zum Start eines neuen Pillenzyklus zusätzliche Verhütungsmittel wie Kondome zu benutzen. Auch nach dem Ende der Einnahme von Antibiotika kann die verhütende Wirkung der Pille noch beeinträchtigt sein – sei es wegen Störungen der Aufnahme der Wirkstoffe oder durch systemische Effekte, wie eine erhöhte Konzentration von Enzymen oder ein verstärkter Abbau von Progesteron. Mit dem Start der Pillenpause und dem Einsetzen der Regelblutung kann auf weitere Verhütungsmittel verzichtet werden. Wird das Antibiotikum während der Pillenpause eingenommen (und mit Beginn des neuen Blisters die Einnahme von Antibiotika beendet), sollte bis zur Einnahme der siebten Pille aus der neuen Packung zusätzlich verhütet werden. Danach ist der empfängnisverhütende Schutz wieder hergestellt. Generell sollten zusätzliche Verhütungsmittel immer bis mindestens zum siebten Tag nach Beendigung der Antibiotikabehandlung eingesetzt werden.
In den Beipackzetteln vieler Antibiotika findet sich zudem mittlerweile ein Vermerk, ob es Hinweise für eine Wechselwirkung mit oralen Kontrazeptiva (Verhütungsmitteln) gibt. Sollte solch ein Hinweis im Beipackzettel fehlen, kann man allerdings nicht davon ausgehen, dass das Antibiotikum in Kombination mit der Pille sicher ist. In diesem Fall ist ein Arzt zurate zu ziehen.
Beverley Kugler ist seit November 2018 Ärztin bei ZAVA. Sie studierte Medizin am University College London (UCL) und schloss das Studium 2010 mit Auszeichnung ab. Im Anschluss war sie an verschiedenen Krankenhäusern in London tätig, bevor sie 2016 Teil des deutschen Ärzteteams von ZAVA wurde.
Lernen Sie unsere Ärzte kennenLetzte Änderung: 17 Jan. 2019
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Archer, J. S. M., & Archer, D. F. (2002). Oral contraceptive efficacy and antibiotic interaction: A myth debunked. Journal of the American Academy of Dermatology, 46(6), 917-923. Online: https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/12063491/, aufgerufen am: 10.12.15
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Weaver, K., & Glasier, A. (1999). Interaction between broad-spectrum antibiotics and the combined oral contraceptive pill: A literature review. Contraception, 59(2), 71-78. Online: https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/10361620/, aufgerufen am: 19. September 2019