Hausmittel gegen Migräne
Medizinisch geprüft von
Dr. med. Ulrike ThiemeLetzte Änderung: 10 Juni 2019
Welche Hausmittel lindern Migräneattacken?
Migräne betrifft etwa zehn Prozent aller Menschen. Frauen sind dreimal so häufig betroffen wie Männer. Typisch ist ein wiederkehrender, anfallsartiger halbseitiger Kopfschmerz, der von Übelkeit, Erbrechen, Lichtempfindlichkeit oder Geräuschempfindlichkeit begleitet werden kann.
Ein akuter Migräneanfall wird mit Schmerzmitteln (z.B. Aspirin, Ibuprofen) und/oder Triptanen behandelt. Zur Prophylaxe werden häufig Betablocker verwendet. Neben der medikamentösen Therapie lassen sich die Beschwerden aber auch ohne Medikamente behandeln. Zusätzlich gibt es alternative Therapien, die Migräneanfällen vorbeugen oder lindern können. ZAVA informiert über die nicht medikamentösen, alternativen Therapiemöglichkeiten und die beliebtesten Hausmittel gegen Migräne.
Hausmittel zur Akuttherapie von Migräne
Die Akuttherapie bezeichnet die Therapie während eines Migräneanfalls. Diese unterscheidet sich teilweise von der Migräneprophylaxe, also der Vorbeugung eines Migräneanfalls.
Reizabschirmung
Wenn erste Anzeichen für eine Migräneattacke bemerkt werden, kann es helfen, sich in einen dunklen, kühlen und stillen Raum zurückzuziehen. Eine kurzfristige Kühlung des Nackens mit einem Eisbeutel kann zusätzliche Linderung verschaffen. Teilweise lässt sich durch diese Hausmittel der Ausbruch einer Migräneattacke abwenden oder dessen Auswirkungen mildern.
Aromatherapie und Öle
Aromatische Öle können im akuten Anfall die Symptome von Migränekopfschmerzen lindern, die Muskeln entspannen, die Aufmerksamkeit erhöhen und das Wohlbefinden steigern. Besonders Pfefferminzöl, gelöst in Ethanol, zeigt diese therapeutischen Wirkungen. Zur Therapie eines akuten Migränekopfschmerzes sollte das ätherische Öl auf Stirn und Schläfen vorsichtig einmassiert werden. Vor allem Pfefferminzöl hat zusätzlich einen langwirksamen, kühlenden und entspannenden Effekt.
Entspannungsverfahren
Durch Entspannungsverfahren soll das allgemeine Aktivierungsniveau reduziert werden. Neben einer allgemeinen entspannenden Wirkung kommt es auch zu einer zentralen Dämpfung der Informationsverarbeitung, was sich positiv auf die Hypervigilanz während der Kopfschmerzepisode auswirkt. Beispiele für Entspannungsverfahren sind die progressive Muskelrelaxation, das Autogene Training u.a.
Progressive Muskelrelaxation
Das Verfahren der progressiven Muskelrelaxation (PMR) besteht in einer schrittweisen An- und Entspannung verschiedener Muskelgruppen. Wichtig für eine erfolgreiche Anwendung ist es dieses Verfahren nicht ausschließlich in der Schmerzepisode durchzuführen, sondern dieses in den Alltag einzubauen. PMR ist für ungeübte Patienten hilfreicher als autogenes Training, welches ausführlicher erlernt werden sollte.
Autogenes Training
Beim autogenen Training handelt es sich um eine Entspannungstechnik. Diese wurden 1926 erstmals vom Berliner Psychiater Johannes Heinrich Schultz vorgestellt. Es handelt sich um eine Psychotherapiemethode, bei der sich der Patient „von innen heraus“ entspannen soll. Vereinfacht gesagt, wird die Entspannung durch bewusste Wahrnehmung und Beeinflussung von z.B. Atmung und Herzschlag erreicht oder durch Mantra-artige Vorsätze (z.B. ständiges denken von „ich bleibe gelassen“). Das Autogene Training kann in Kursen erlernt werden. Ein Kurs dauert bis zu 14 Stunden.
Massage
Inwiefern Massagen im akuten Anfall die Schmerzen reduzieren, ist nicht eindeutig durch Studien belegt. Es gibt Hinweise, dass eine entspannende Massage der Nackenmuskeln, der Schultermuskeln, sowie der Hals- und Brustwirbelsäule die Stärke der Schmerzen reduzieren kann. Dabei sind fünf Minuten ausreichend.
Hausmittel zur Migräne-Prophylaxe
Gängige Medikamente zu Vorbeugung von Migräneanfällen sind z.B. der Betablocker Propranolol, das trizyklische Antidepressivum Amitriptylin, Valproat, Topiramat oder Flunarizin. Zur Vorbeugung von Migräneanfällen existieren mehr Alternativen zu den gängigen Medikamenten als in der Akuttherapie. Eine Prophylaxe kann die Schmerzintensität und die Frequenz und Dauer der Attacken reduzieren.
Pestwurz
Pestwurz (Petasites hybridus) gehört zu den Korbblütlern (Asteraceae) und ist eine traditionelle Heilpflanze. Eine Behandlung mit Pestwurz-Präparaten führt nachgewiesen zu einer Reduktion der Attacken- Frequenz und zu einer geringeren Verwendung von Medikamenten im akuten Migräneanfall. In extrem seltenen Fällen kommt es zu schwerwiegenden Leberfunktionsstörungen.
Vitamin B2 (Riboflavin)
Es existieren bisher nur kleine, placebokontrollierte Studien, die nahelegen, dass eine hochdosierte Vitamin B2 Therapie (2 x 200 mg pro Tag) einen protektiven Effekt haben könnte. Als einzige Nebenwirkung wird eine intensive Gelbfärbung des Urins beschrieben.
Coenzym Q10
Für Coenzym Q10 existieren widersprüchliche Ergebnisse. Es gibt Studien, die eine prophylaktische Wirkung nahelegen und ebenso Studien, die die Wirksamkeit nicht nachweisen konnten. Es muss im Einzelfall geschaut werden, ob Coenzym Q10 als Migräneprophylaxe wirkt.
Homöopathie
Für die Homöopathie konnten keine prophylaktischen Effekte für die Migräne nachgewiesen werden. Manchen Menschen kann sie dennoch individuell helfen.
Akupunktur
Es konnte gezeigt werden, dass Akupunktur bei chronischer Migräne die Anzahl der Tage mit Kopfschmerzen signifikant reduzieren konnte. Eine Akupunkturbehandlung sollte mindestens zehn Wochen dauern bei zwei Sitzungen pro Woche zu je 30 Minuten. Pro Sitzung sollten mindestens 20 Nadeln verwendet werden. Zwischen den ersten zehn und den letzten zehn Sitzungen wird eine Woche Pause empfohlen. Ob Akupunktur die Schwere der Migräneattacken mindert, ist nicht eindeutig belegt.
Psychotherapie und Entspannung
Nach dem heutigen Verständnis ist die Migräne auf genetische, psychosoziale, physiologische und biochemische Ursachen zurückzuführen, die sich zusammen mit einer gestörten Stressverarbeitung zu einer Migräne auswirken. Das ist der Grund, warum verhaltenstherapeutische Maßnahmen zur Beeinflussung der Lebensführung und Maßnahmen zur Entspannung die Attackenfrequenz reduzieren und die subjektiven Einschränkungen durch die Migräne reduzieren können. Zur Verhaltenstherapie zählen das Entspannungstraining, das Biofeedback, die kognitive Verhaltenstherapie und eine Kombination von medizinischen und Verhaltenstherapeutischen Maßnahmen. Es gibt verschiedene stationäre und ambulante Möglichkeiten, die Verhaltenstherapie durchzuführen. Mittlerweile können sowohl Entspannungstechniken als auch die kognitive Verhaltenstherapie über das Internet vermittelt werden. Alle Verfahren dienen der Entspannung und der Dämpfung des Aktivierungsniveaus. Dadurch soll eine zentrale Dämpfung herbeigeführt werden, die die Schmerztoleranz erhöht und die Attackenfrequenz reduziert. Studien kommen zu dem Schluss, dass sowohl Entspannungsverfahren als auch Biofeedback-Techniken die Migränehäufigkeit um 35 bis 45 Prozent reduzieren können. Dieselbe Reduktion wird von der medikamentösen Prophylaxe erreicht.
Auslöser meiden und Ernährung
Oft kennen Patienten spezifische Auslöser, die mit dem Auftreten von Migräneattacken in Verbindung gebracht werden. Auslöser sind häufig Schlafmangel, Alkoholkonsum, Stress oder Flüssigkeitsmangel. Das Meiden dieser Auslöser führt zu einer Reduktion der Attacken-Frequenz. Auch Nahrungsmittel können Migräneattacken begünstigen. Das Führen eines Tagebuchs zur Identifizierung der Nahrungsmittel kann hilfreich sein.
Ausdauersport
Regelmäßiger Ausdauersport im anaeroben Bereich wird von der deutschen Migräne- und Kopfschmerzgesellschaft empfohlen, jedoch existieren keine eindeutigen Daten, warum Ausdauersport prophylaktisch wirkt. Es ist unklar, ob Ausdauersport über unspezifische Effekte zur allgemeinen Entspannung beiträgt oder ob es spezifische Effekte gibt, die sich auf die Migräne direkt auswirken. Es konnte gezeigt werden, dass durch regelmäßigen Ausdauersport die Migränehäufigkeit reduziert wird. Es fehlen allerdings noch weitere Daten um eine genaue Empfehlung für die Trainingsfrequenz und Trainingsdauer geben zu können.
Massage
Aktuelle Studienergebnisse lassen vermuten, dass Massagen und Physiotherapie genauso effektiv in der Vorbeugung von Migräneattacken sind wie die klassische Prophylaxe mit Medikamenten. Die Studienlage ist allerdings nicht eindeutig genug, dass eine allgemeine Empfehlung über Dauer und Häufigkeit der Therapie gegeben werden kann. Diese Entscheidungen müssen individuell mit dem behandelnden Therapeuten unter Beachtung der Beschwerden getroffen werden.
Helfen Hausmittel gegen Migräne?
Vor allem für die Vorbeugung gibt es neben der empfohlenen medikamentösen Therapie viele Möglichkeiten und Hausmittel gegen Migräneattacken. Sie können wirksam die Häufigkeit und teilweise die Stärke von Migräneattacken reduzieren. Auch in der akuten Therapie von Migräneattacken gibt es Alternativen zu den gängigen Schmerzmitteln und Triptanen. Zur Therapie der Migräne wird ein multimodales Therapiekonzept empfohlen. Das heißt, dass verschiedene Ansatzpunkte bei der Therapie berücksichtigt werden sollen, um ein optimales Ergebnis zu erzielen. Das Einbeziehen von Hausmitteln und alternativen Therapieverfahren kann hier die optimale Ergänzung bieten.
Dr. med. Ulrike Thieme ist Medizinische Leiterin bei ZAVA und seit 2018 Teil des Ärzteteams. Ihre Facharztweiterbildung im Bereich Neurologie schloss sie 2018 ab. Vor ihrer Tätigkeit bei ZAVA arbeitete Dr. med. Ulrike Thieme an einem klinischen Forschungsprojekt über neurodegenerative Erkrankungen am National Hospital for Neurology and Neurosurgery, London.
Lernen Sie unsere Ärzte kennenLetzte Änderung: 10 Juni 2019
-
Diener, Hans-Christoph, S1 Leitlinie Therapie der Migräne, Deutsche Gesellschaft für Neurologie, 2013. Online: https://www.dmkg.de/ (abgerufen am 03.09.2019).
-
Noudeh YJ, Vatankhah N, Baradaran HR. Reduction of Current Migraine Headache Pain Following Neck Massage and Spinal Manipulation. International Journal of Therapeutic Massage & Bodywork. 2012;5(1):5-13. Online: www.ncbi.nlm.nih.gov (abgerufen am 18.06.2015).
-
Chaibi A, Tuchin PJ, Russell MB. Manual therapies for migraine: a systematic review. The Journal of Headache and Pain. 2011;12(2):127-133. doi:10.1007/s10194-011-0296-6. Online: www.ncbi.nlm.nih.gov (abgerufen am 18.06.2015).
-
Weatherall MW. The diagnosis and treatment of chronic migraine. Therapeutic Advances in Chronic Disease. 2015;6(3):115-123. Online: www.ncbi.nlm.nih.gov (abgerufen am 18.06.2015).
-
H. Göbel, G. Schmidt, M. Dworschak, H. Stolze, D. Heuss, Essential plant oils and headache mechanisms, Phytomedicine, Volume 2, Issue 2, October 1995, Pages 93-102. Online: https://www.sciencedirect.com/ (abgerufen am 18.06.2015).