Alternative Behandlungsmöglichkeiten bei Migräne
Medizinisch geprüft von
Dr. Nadia SchendzielorzLetzte Änderung: 02 Juli 2020
Die Wirksamkeit pflanzlicher Mittel in der Behandlung von Migräneattacken ist deutlich weniger belegt als bei der Anwendung von nicht-pflanzlichen Medikamenten. Beachten Sie bei der Verwendung pflanzlicher Mittel, dass diese nicht per se ungefährlich sind und beispielsweise Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten eingehen können. Vor der Einnahme pflanzlicher Präparate zur Migräneprophylaxe sollten Sie deshalb die Anwendung mit Ihrem Arzt besprechen.
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Pestwurz konnte in 2 Studien eine Verringerung der Migräneattacken zeigen. Es wird als Extrakt in Form von Kapseln bis zu 2 Mal täglich angewendet, beispielsweise mit 50 oder 75 mg Extrakt. Allerdings beinhaltet natürlicher Pestwurz-Extrakt Inhaltsstoffe, die Leberschäden verursachen können. Daher sollte die Anwendung nur mit Vorsicht oder nach Rücksprache mit einem Arzt erfolgen.
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Auch Mutterkraut zeigte sich in Form eines Extraktes wirksam in der Verringerung von Migräneattacken. In Studien wurden täglich 6,25 mg Mutterkraut-Extrakt verabreicht, wodurch eine Reduktion der Migränehäufigkeit erreicht werden konnte.
Homöopathische Mittel
Homöopathische Mittel sind in Deutschland zwar verhältnismäßig beliebt, allerdings sind homöopathische Mittel aus wissenschaftlicher Sicht nach heutigem Wissensstand absolut wirkungslos beziehungsweise nicht wirkungsvoller als Scheinmedikamente (Placebos). Da sie de facto keine Wirkstoffe enthalten, sind sie jedoch frei von Nebenwirkungen. In homöopathischen Büchern werden insbesondere Iris versicolor, Belladonna, Bryonia, Gelsemium, Sanguinaria und Nux vomica als Mittel gegen Migräne und migräneartige Kopfschmerzen empfohlen.
Schüssler Salze
Schüssler-Salze basieren auf der Vorstellung, dass Krankheiten durch Störungen des Mineralhaushalts ausgelöst werden und durch Zufuhr bestimmter Mineralien in homöopathischen Verdünnungen behandelt werden können. Nach heutigem Kenntnisstand sind Schüssler-Salze allenfalls durch den Placeboeffekt wirksam und haben keine eigene Wirkung. Ähnlich wie bei Homöopathie sind auch hier Nebenwirkungen durch die hohe Verdünnung praktisch ausgeschlossen. Folgende Salze sollen eine Wirksamkeit bei Migräne besitzen:
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Dieses Salz wird chemisch als Magnesiumhydrogenphosphat bezeichnet. Es soll die Übertragung von Nervenimpulsen, die Muskelaktivität sowie den Schlaf fördern und unter anderem bei Krämpfen, nervlicher Unruhe und schweren Schmerzen zur Anwendung kommen.
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Hierbei handelt es sich um Kochsalz, also Natriumchlorid. In der Schüßler-Vorstellung soll es bei Störungen des Wasserhaushalts im Körper und der Stabilität von Zellmembranen helfen. Anwendungsgebiete sind beispielsweise Schwäche, trockene Augen und Schleimhäute oder Gelenkknacken.
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Kalium bromatum ist Kaliumbromid und soll vor allem bei rastlosen, melancholischen Menschen gegen Entzündungen wirken. Einsatzgebiete im Rahmen der Schüssler-Lehre sind unter anderem Schlaflosigkeit, Depressionen, nervliche Erschöpfung und Nervenschmerzen.
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Zinkchlorid soll von launischen Menschen verwendet werden, die unter großem Druck stehen. Zinkchlorid wird insbesondere bei Immunschwäche, Nervenschmerzen, Unruhe und nervösen Zuckungen angewendet.
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Calcium carbonicum ist besser bekannt als Kalk beziehungsweise Kalziumkarbonat. Es wird unter anderem bei halbseitigen Kopfschmerzen, Asthma, Depressionen, Ängstlichkeit und unruhigem Schlaf verwendet.
Hausmittel
Die meisten Menschen greifen bei Migräne zu klassischen Medikamenten, um die Schmerzen, Übelkeit und Empfindlichkeit gegenüber Licht oder Geräuschen in den Griff zu bekommen. Es gibt jedoch auch arzneimittelfreie Möglichkeiten, die helfen können die Symptome einer Migräne zu lindern.
Pfefferminzöl
Es gibt nur sehr wenige systematische Untersuchungen zur Wirkung von Pfefferminzöl bei Migräne. In einer kleinen Studie mit 35 Patienten wurde Pfefferminzöl bei Migräneattacken auf Stirn und Schläfen eingerieben und so eine Symptomverbesserung erreicht.
Arm-und Fußbäder
Verglichen mit anderen Behandlungsmethoden existieren nur wenige systematische Untersuchungen zur Wirkung von Bädern bei Migräne. Es gibt aber Hinweise darauf, dass tägliche, 20-minütige warme Arm- und Fußbäder bei circa 40°C die Häufigkeit und Schwere von Migräneattacken möglicherweise reduzieren können.
Nicht-medikamentöse Behandlungsmöglichkeiten
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Bei der Migränetherapie nach Kern wird davon ausgegangen, dass die Migräne eine lokalisierte körperliche Ursache hat, die behandelt werden soll. Neben Entspannungstechniken sollen dabei Elemente wie Muskellockerungen der Migräne entgegenwirken und vorbeugend wirken.
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Das Migränepiercing ist ein dauerhafter Ohrstecker, der in das Knorpelstück oberhalb des Gehörgangs (Crus helicis) eingebracht wird. Das Migränepiercing ist aus der Akupunktur entlehnt, wird von manchen Piercing-Studios angeboten und soll die Häufigkeit und Intensität von Migränekopfschmerzen dauerhaft senken. Aus medizinischer Sicht gibt es jedoch weder einen Wirknachweis noch eine Empfehlung für Migränepiercings. Bei unsachgemäßer Einlage oder unhygienischen Bedingungen besteht zudem die Gefahr einer nachhaltigen Schädigung des Ohrs und einer Entzündung des Knorpels.
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Bei der Akupressur wird beispielsweise mit Daumen oder Ellbogen ein stumpfer Druck auf bestimmte Körperstellen ausgeübt, wodurch eine Entspannung und im Fall von Migräne eine Schmerzreduktion erreicht werden soll. In mehreren Studien wurde ähnlich der Akupunktur eine begrenzte Wirksamkeit von Akupressur festgestellt, sodass sie beispielsweise als unterstützende Maßnahme neben einer medikamentösen Behandlung zum Einsatz kommen kann.
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Akupunktur ist eine komplementärmedizinische Behandlungsmethode, bei der dünne Nadeln an festgelegten Punkten in die Haut gesteckt werden, dort einige Minuten verbleiben und in gewissen Zeitabständen leicht bewegt werden. Besonders bei Spannungskopfschmerzen konnte in Studien eine begrenzte Linderung der Beschwerden durch Akupunktur gezeigt werden. Auch bei Migräne gibt es Hinweise auf eine mögliche Besserung der Beschwerden durch Akupunktur. Die Effekte sind insgesamt aber geringer als bei einer medikamentösen Behandlung.
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Die Verhaltenstherapie zielt bei Migräne darauf ab, gewisse bestehende Verhaltensmuster zu ändern oder neue Verhaltensmuster zu erlernen, um so unter anderem zu einer Verminderung von Stress und psychischen Belastungen beizutragen sowie einen besseren Umgang mit der Erkrankung zu erlernen. Auch in der Behandlung von psychiatrischen Erkrankungen wie Depressionen wird Verhaltenstherapie erfolgreich eingesetzt. Verhaltenstherapie ist ein wissenschaftlich anerkanntes Therapiekonzept und kann für Patienten eine Unterstützung bei ihren Beschwerden darstellen.
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Biofeedback-Methoden beruhen darauf, dass Sie Entspannungstechniken lernen und gleichzeitig die Wirkung dieser Techniken wahrnehmbar dargestellt wird. Beispielsweise kann die Entspannung der Nackenmuskulatur durch die Messung der Muskelspannung auf einem Bildschirm angezeigt werden. So soll eine bewusstere Wahrnehmung und Kontrolle des eigenen Körpers erreicht werden. Biofeedback ist besonders effektiv bei Spannungskopfschmerzen, kann aber auch bei Migränepatienten zu einer Linderung der Symptome beitragen.
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Bei Botox handelt es sich um ein hochwirksames Nervengift, das vielen Laien vor allem aus der Schönheitschirurgie bekannt ist. Es kann aber auch bei chronischer Migräne eingesetzt werden. Dabei wird Botox im Kopfbereich unter die Haut gespritzt, um die Nerven für die Schmerzwahrnehmung zu lähmen. Botox wird nur eingesetzt, wenn andere Behandlungen keinen Erfolg gebracht haben. Die Verwendung von Botox darf nur von Fachpersonal erfolgen.
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In einem Kopfschmerztagebuch führen Sie täglich auf, ob Sie Kopfschmerzen hatten, wie stark diese waren, wann und wo sie aufgetreten sind, ob und wie viele Medikamente Sie dagegen eingenommen haben und ob noch andere Begleitsymptome vorlagen. Das gewissenhafte Führen eines Kopfschmerztagebuchs kann die Diagnosestellung erleichtern und dem Arzt dabei helfen, den Behandlungserfolg zuverlässig zu überprüfen sowie die Therapie gegebenenfalls anzupassen.
Dr. Nadia Schendzielorz war von 2016 bis 2020 Apothekerin bei ZAVA und unterstützt das Team nun freiberuflich bei der medizinischen Textprüfung. Sie schloss ihr Studium der Pharmazie an der Rheinischen-Friedrich-Wilhelms-Universität in Bonn ab. Im Anschluss arbeitete sie an ihrer Dissertation an der Universität von Helsinki in Finnland und promovierte erfolgreich im Fachbereich Pharmakologie.
Lernen Sie unsere Ärzte kennenLetzte Änderung: 02 Juli 2020
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Baron, R., Koppert, W., Strumpf, M., & Willweber-Strumpf, A. (2019). Praktische Schmerzmedizin. Springer Berlin Heidelberg.
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Göbel, H. (2012). Die Kopfschmerzen. Springer Berlin Heidelberg.
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Dalkara, T., & Kılıç, K. (2013). How does fasting trigger migraine? A hypothesis. Current pain and headache reports, 17(10), 368, online: https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/23996724/, abgerufen am 05.05.2020.
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Straube, A., & Ruscheweyh, R. (2019). Epidemiologie von Kopfschmerzen über die Lebensspanne. Nervenheilkunde, 38(10), 735-739, online: https://www.thieme-connect.com/products/ejournals/abstract/10.1055/a-0988-4322, abgerufen am 05.05.2020.
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Ramachandran, R. (2018, May). Neurogenic inflammation and its role in migraine. In Seminars in immunopathology (Vol. 40, No. 3, pp. 301-314). Springer Berlin Heidelberg, online: https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/29568973/, abgerufen am 12.06.2020.