Mangelerscheinungen bei fleischloser Ernährung
Medizinisch geprüft von
Dr. Maike MichelLetzte Änderung: 16 Dez. 2021
Menschen, die auf Fleisch verzichten, bekommen häufig von ihren Mitmenschen zu hören, dass sie besonders auf Mangelerscheinungen achten müssen. Vor allem Kinder, Schwangere und Stillende gelten als gefährdet. Andererseits sind die meisten Vegetarier und Veganer davon überzeugt, dass eine fleischlose Ernährung die Gesundheit und Tiere schützt und die pflanzenreiche Ernährung die Lebenserwartung steigen lässt. ZAVA bietet eine Übersicht über die Vor- und Nachteile des vegetarischen und veganen Lebens.
Wie viele Vegetarier und Veganer gibt es in Deutschland?
Die Schätzungen zur Verbreitung von Veganismus und Vegetarismus in Deutschland schwanken sehr stark. Das liegt daran, dass Forscher teilweise die Selbsteinschätzung abfragen, teilweise die Ernährung anhand von Fragebögen bewerten und dann eine genaue Einteilung vornehmen. Derzeit ist davon auszugehen, dass etwa jeder 10. Deutsche über 18 Jahren vegetarisch lebt. Frauen ernähren sich dabei häufiger als Männer vegetarisch. Der typische Vegetarier ist damit jung, weiblich und hat einen vergleichsweise hohen Bildungsstand. Etwa jeder 10. Vegetarier ernährt sich sogar vegan.
Aus welchen Gründen sind Menschen Vegetarier?
Zu den häufig genannten Begründungen für Vegetarismus zählen
- gesundheitliche Faktoren (hohe Cholesterinwerte),
- moralische Bedenken,
- eine Abneigung gegenüber Fleisch und Fleischprodukten sowie
- Motivation zur vegetarischen Ernährung durch verschiedene Fleischskandale.
Leben Vegetarier länger und sind sie gesünder als Fleischkonsumenten?
Mediziner der Universität Oxford haben im Jahr 2013 die vielbeachtete EPIC-Studie zur Gesundheit von Vegetariern veröffentlicht. An der Studie haben über 40.000 Personen teilgenommen, davon war jeder Dritte Vegetarier. Die Ärzte haben dabei herausgefunden, dass Vegetarier tatsächlich einige gesundheitliche Vorteile gegenüber den Fleischessern hatten:
- weniger Herzinfarkte
- niedrigere Blutfette und Cholesterin
- niedrigeren Blutdruck
- einen niedrigeren BMI
Für Menschen mit zu hohen Blutfettwerten und Cholesterin kann es daher durchaus Sinn machen, neben einer generell cholesterinarmen Ernährung auf den Verzicht auf Fleisch zu achten. Zusätzlich sollte die bewährte Cholesterinreduktion mit Statinen Erwägung gezogen werden.
Auch Sie haben mit erhöhten Cholesterinwerten zu kämpfen? Sie sind bereits seit mehreren Monaten medikamentös gut eingestellt? In diesem Fall können Sie bei ZAVA ein Folgerezept für Ihr Arzneimittel gegen Cholesterin anfragen. Das geht völlig unkompliziert: Sie füllen einfach einen medizinischen Fragebogen aus – und unsere Ärzte stellen Ihnen bei Eignung ein passendes Rezept aus.
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Weitere Studien ergaben Hinweise auf ein niedrigeres Risiko für Krebserkrankungen und Dickdarmdivertikel durch vegetarische Ernährung.
Mit welchen Nährstoffen sind Vegetarier besser versorgt als Fleischesser?
Eine qualitativ gute vegetarische Ernährung führt zu einer guten Versorgung mit
- den Mineralien Magnesium und Kalium,
- den Vitaminen Folsäure, Vitamin C und E,
- Ballaststoffen,
- sekundären Pflanzenstoffen wie (Poly-)Phenolen, Flavonoiden, Phytosterinen und Carotinoiden.
Gleichzeitig gilt aber auch: Eine ausgewogene und abwechslungsreiche, nicht-vegetarische Ernährung führt ebenso zu einer ausreichenden Versorgung mit diesen Nährstoffen.
Haben Fleischesser häufiger Krebs?
Aus großen Metaanalysen ergeben sich Hinweise darauf, dass Vegetarier möglicherweise seltener an Krebs erkranken als Nicht-Vegetarier. Dabei ist allerdings vor allem entscheidend, mit welcher Art von fleischhaltiger Ernährung Untersuchungen den Vegetarismus abgleichen.
Vor allem große Mengen an rotem Fleisch werden mit einem erhöhten Krebsrisiko in Verbindung gebracht. Beispielsweise berichteten Forscher im Juni 2014 im renommierten British Medical Journal (BMJ) von einem erhöhten Risiko für Brustkrebs beim Konsum größerer Mengen rotem Fleisch. Die Forscher haben hierzu Daten von über 80.000 jungen Frauen in den USA ausgewertet. Vor einigen Jahren fanden außerdem Mediziner von der Harvard Medical School in 2 großen Studien heraus, dass ein erhöhter Verzehr von rotem Fleisch mit einem erhöhtem Risiko für Prostatakrebs und Darmkrebs einhergeht.
Leiden Vegetarier häufiger unter Eiweißmangel und müssen sie deshalb auf ihre Proteinzufuhr achten?
Eiweiße (Proteine) sind sowohl in tierischen als auch in pflanzlichen Nahrungsmitteln enthalten. Bei einer abwechslungsreichen vegetarischen Ernährung, bei der täglich Gemüse, Nüsse, Saaten, Hülsenfrüchte und Getreide verzehrt werden, ist in der Regel kein Eiweißmangel zu befürchten.
Leiden Vegetarier häufiger an Eisenmangel?
Ja, der Eisenvorrat im Körper von Vegetariern und Veganern ist kleiner als bei Menschen, die Fleisch essen. Dies hängt damit zusammen, dass in Pflanzen weniger Eisen enthalten ist. Außerdem kann der menschliche Organismus tierisches Eisen besser verwerten. Um die Aufnahme von Eisen zu erleichtern, wird empfohlen, eisenhaltige pflanzliche Lebensmittel wie Hülsenfrüchte, Nüsse, Tofu, Hirse, Rübenkraut und Petersilie mit Vitamin C-reicher Nahrung zu kombinieren, das Eisen wird dann besser vom Körper aufgenommen.
Beispiele für eine solche Kombination wären ein Erbsen- oder Bohneneintopf mit Paprika oder das orientalische Hummus aus Kichererbsen und Sesam mit Petersilie und Zitronensaft. Eisenpräparate sollten nur in Absprache mit einem Arzt genommen werden. Der Mediziner kann durch eine Laboruntersuchung einen möglichen Eisenmangel feststellen. Besonders Frauen, die sich streng vegetarisch ernähren, sollten ihren Eisenspiegel wegen des Blutverlusts während der Periode regelmäßig überprüfen lassen.
Was passiert bei Eisenmangel?
Eisenmangel ist eine häufige Mangelerscheinung in Europa und die häufigste Ursache von Blutarmut (Anämie). Der Organismus benötigt das Eisen bei der Blutbildung. Das Spurenelement wird in die roten Blutkörperchen eingebaut. Die roten Blutkörperchen (Erythrozyten) transportieren den Sauerstoff, der mit der Lunge eingeatmet wird, zu allen Organen des Körpers. Bei einem Mangel an Eisen fehlt ein wichtiger Baustein für den Farbstoff der roten Blutkörperchen, dem sogenannten Hämoglobin. Ohne den Farbstoff können die roten Blutkörperchen keinen Sauerstoff transportieren.
Ärzte sprechen in diesem Zusammenhang von einer hypochromen, mikrozytären Anämie oder kurz Eisenmangelanämie. Bei einem Eisenmangel sind die roten Blutkörperchen kleiner und enthalten weniger roten Farbstoff. Außerdem werden weniger rote Blutkörperchen gebildet. Neben der Blutbildung braucht unser Körper Eisen bei vielen weiteren Vorgängen. So wirkt sich Eisenmangel negativ aus auf
- die Entgiftung von schädlichen Stoffen,
- die Energiegewinnung,
- der Neubildung und Reparatur von Gewebe.
Welche Symptome deuten auf einen Eisenmangel hin?
Durch Eisenmangel wird der Organismus sehr geschwächt. Dies äußert sich unter anderem durch
- blasse Haut,
- Haarausfall,
- brüchige Nägel,
- eingerissene Mundwinkel,
- Kopfschmerzen und
- Konzentrationsstörungen.
Ist Vitamin B12-Mangel ein Problem bei fleischloser Ernährung?
Zwar kann der Körper Vitamin B12 (Cobalamin) in der Leber mehrere Jahre lang speichern, trotzdem leiden langjährige Vegetarier und Veganer viel häufiger an einem Mangel des Vitamin B12. Vitamin B12 ist nur in tierischen Produkten enthalten. Forscher aus Sydney und Hongkong haben herausgefunden, dass der Mangel unter Vegetariern und vor allem Veganern sehr verbreitet ist. In der EPIC-Studie aus Oxford stellten die englischen Ärzte zudem fest, dass 52 % der untersuchten Veganer einen zu niedrigen Vitamin B12-Spiegel im Blut aufwiesen.
Besonders reich an Vitamin B12 sind Leber, Milch und Eier. Der Körper benötigt Vitamin B12 zum Beispiel zur Zellteilung, da es indirekt an der Herstellung von DNA beteiligt ist, dem Träger der genetischen Information. Weil sich die Blutzellen besonders schnell teilen, kommt es bei einem B12-Mangel ebenfalls zur Blutarmut. Anders als beim Eisenmangel sind die roten und weißen Blutkörperchen hier jedoch größer als normal, was die Ärzte megaloblastäre Anämie nennen. Auch im Verdauungstrakt und Nervensystem macht sich ein B12-Mangel mit Schäden bemerkbar.
Vegetarier und Veganer können ihre Versorgung mit Vitamin B12 regelmäßig beim Arzt überprüfen lassen. Bei Bedarf bieten mit B12 angereicherte Tropfen, Tabletten oder Kapseln eine gute Möglichkeit, die ansonsten verringerte Zufuhr auszugleichen.
Enthält veganes Essen mehr gesunde ungesättigte Fettsäuren und weniger Salz?
Es gibt gesättigte und ungesättigte Fettsäuren. Ungesättigte Fettsäuren wirken sich günstiger auf die Blutfette und damit auf die Gesunderhaltung der Blutgefäße aus. Vegane Produkte sind hier aber nicht automatisch besser als tierische, denn bei jeder Ernährungsform kommt es auf die Auswahl der Produkte an. Fertigprodukte und stark verarbeitete Produkte enthalten mehr gesättigte Fettsäuren, Salz und Einfachzucker als unverarbeitete Lebensmittel. Dabei ist es egal, ob das Lebensmittel vegan, vegetarisch oder tierischer Herkunft ist.
Bei welchen Nährstoffen ist das Risiko für einen Mangel bei Vegetariern noch hoch?
Neben Vitamin B12 und Eisen nehmen Vegetarier und vor allem Veganer außerdem weniger
- Calcium,
- Jod,
- Vitamin D,
- Zink und
- Omega-3-Fettsäuren auf.
Die genannten Nährstoffe sind oft aber auch bei Personen erniedrigt, die keine besondere Ernährungsform verfolgen. Es kommt letztlich darauf an, sich möglichst abwechslungsreich zu ernähren und einen groben Überblick darüber zu haben, ob alle wichtigen Nährstoffe genügend zugeführt werden.
Brauchen schwangere und stillende Veganerinnen Vitaminpräparate?
In der Schwangerschaft ist eine ausreichende Versorgung vor allem mit Folsäure, Eisen, Vitamin B12 und Jod besonders wichtig. Diese Nährstoffe sollten bereits im Vorfeld ausreichend zugeführt und gegebenenfalls supplementiert werden. Nicht nur Vegetarierinnen und Veganerinnen, auch Frauen, die sich inklusive tierischer Produkte ernähren, sollten sich vor einer geplanten Schwangerschaft über eine gute Ernährung beraten lassen.
Wie gut ist es für Kinder und ältere Menschen, Veganer oder Vegetarier zu sein?
Da während des Wachstums von Kindern der Nährstoffbedarf äußerst hoch ist, wird eine streng vegane Lebensweise bei Kindern durch das Bundeszentrum für Ernährung nicht empfohlen. Hierbei gilt die Regel: Je jünger das Kind, desto gefährlicher kann die vegane Ernährung sein. Aufgrund von Mangelerscheinungen kommt es sonst unter Umständen zu Entwicklungsstörungen der Kleinen. Bevor Kinder vegan ernährt werden, sollten Eltern die Pläne unbedingt mit einem Kinderarzt und bei einer Ernährungsberatung besprechen. Auch ältere Menschen, bei denen das Risiko für eine Mangelernährung besonders ansteigt, müssen auf die Zusammensetzung der Ernährung achten.
Eine vegetarische Ernährung mit Eiern und Milchprodukten ist dagegen auch bei Kindern unproblematisch. Hierbei sollte lediglich auf eine ausreichende Eisenzufuhr geachtet werden. Die Studie zur Gesundheit von Kindern und Jugendlichen in Deutschland (KiGGS) vom Robert Koch Institut hat ergeben, dass sich rund 3 % der unter 18-Jährigen fleischlos ernähren. Bei Mädchen im Alter von 14-17 Jahren ist der Anteil mit 6 % sogar doppelt so hoch. Auch in Großstädten und bei Kindern und Jugendlichen mit Migrationshintergrund ist der Anteil der Vegetarier höher. Zur Anzahl vegan lebender Kinder gibt es derzeit keine verlässlichen Zahlen.
Maike Michel unterstützt das Ärzteteam von ZAVA bei der medizinischen Texterstellung und -prüfung. Sie studierte Medizin an den Universitäten in Münster und Freiburg. Seit 2016 arbeitet sie als Assistenzärztin in einer psychiatrischen Klinik in Deutschland und trägt seit Juli 2022 den Facharzttitel für Psychiatrie und Psychotherapie.
Lernen Sie unsere Ärzte kennenLetzte Änderung: 16 Dez. 2021
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Leitzmann, C. (2014). Vegetarian nutrition: past, present, future. The American journal of clinical nutrition, 100(suppl_1), 496S-502S.
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Crowe, F. L., Appleby, P. N., Travis, R. C., & Key, T. J. (2013). Risk of hospitalization or death from ischemic heart disease among British vegetarians and nonvegetarians: results from the EPIC-Oxford cohort study. The American journal of clinical nutrition, 97(3), 597-603.
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