Schwangerschaftsdiabetes
Medizinisch geprüft von
Dr. med. Franz BartmannLetzte Änderung: 19 Juni 2020
Schwangerschaftsdiabetes tritt meist im 2. oder 3. Trimenon (Schwangerschaftsdrittel) auf. Wie beim Typ 2 Diabetes spielen Übergewicht und eine genetische Voraussetzung eine entscheidende Rolle, deshalb ist zunächst eine Ernährungsumstellung wichtig. Erst später wird dann eventuell eine Therapie mit Insulin begonnen. Schwangerschaftsdiabetes normalisiert sich meist nach der Entbindung wieder. Das Risiko, später an Typ 2 Diabetes oder bei einer weiteren Schwangerschaft wieder an Schwangerschaftsdiabetes zu erkranken, ist allerdings erhöht.
Um das Risiko für Mutter und Kind zu verringern, sollte der Blutzucker bei Schwangerschaftsdiabetes unbedingt dauerhaft gut eingestellt sein. Wenn eine Schwangere an Diabetes erkrankt, lässt sich mit der richtigen Ernährung und ausreichender Bewegung oft schon einiges erreichen.
Entstehung
Während der Schwangerschaft verändert sich der Insulinbedarf. Meist kommt es während des 1. Schwangerschaftsdrittels zu einer erhöhten Empfindlichkeit der Körperzellen für das ausgeschüttete Insulin. So kommt es zu einer vermehrten Aufnahme der Blutglukose in die Zellen und der Blutzuckerspiegel sinkt. Deshalb sind im 1. Trimenon Hypoglykämien, Unterzuckerungen, nicht selten. Dabei kann es auch zu folgenden Symptomen kommen: schneller Puls, kalter Schweiß, blasse Gesichtsfarbe, Schwindelgefühl, Kopfschmerzen, Heißhunger, Zittern, weiche Knie, Unruhe und Nervosität, Angstgefühle, Konzentrationsstörungen und/oder Verwirrtheit.
Im 2. und 3. Schwangerschaftsdrittel kommt es durch hormonelle Umstellungen manchmal zu einer Insulinresistenz. Besonders nach dem Essen steigt der Blutzuckerspiegel oft stark an. Deshalb sollte vor allem bei Frauen mit Risikofaktoren vor allem ab dem 3. Schwangerschaftsmonat der Blutzuckerspiegel regelmäßig kontrolliert werden.
Risikofaktoren
Die Risiken für eine Schwangerschaftsdiabetes ähneln jener für einen Typ 2 Diabetes. Frauen mit Übergewicht, die wenig sportlich aktiv sind und sich zucker- und fettreich ernähren, sind besonders gefährdet. Auch wenn bereits in einer vorhergegangenen Schwangerschaft Diabetes aufgetreten ist, erhöht dies das Folgerisiko. Zusätzlich spielen die Gene eine entscheidende Rolle: haben Sie enge Verwandte mit Typ 2 Diabetes, ist die Wahrscheinlichkeit Schwangerschaftsdiabetes zu entwickeln, deutlich höher. Auch ein fortgeschrittenes Alter der Schwangeren begünstigt die Entstehung eines Schwangerschaftsdiabetes.
Behandlung
Wird Schwangerschaftsdiabetes festgestellt, sollte zunächst die Ernährung umgestellt werden: eine möglichst zucker- und fettarme, ausgewogene Ernährung mit komplexen Kohlenhydraten aus Vollkornprodukten und Gemüse kann schon viel verbessern. Auch eine der Schwangerschaft angepasste sportliche Betätigung ist sinnvoll.
Normalisieren sich die Blutzuckerwerte dennoch nicht, folgt eine zusätzliche Insulintherapie. Allerdings wird bei Schwangeren besonders darauf geachtet, dass es nicht zu Unterzuckerungen kommt. Deshalb wird die Insulindosierung sehr genau an die Ernährung angepasst.
Auftreten nach der Schwangerschaft
Durch die Normalisierung des Hormonhaushalts nach der Schwangerschaft ist die Wirksamkeit des Insulins in den meisten Fällen wieder wie vorher. Bei manchen Frauen kann allerdings eine schlechte Glukosetoleranz mit stark schwankenden Blutzuckerspiegeln oder sogar ein Typ 2 Diabetes bestehen bleiben. Langfristig haben Frauen mit Schwangerschaftsdiabetes im Laufe des Lebens eine erhöhte Wahrscheinlichkeit auch Diabetes Typ 2 zu entwickeln.
Risiken für die Mutter
Kommt es während der Schwangerschaft zu erhöhten Blutzuckerspiegeln, hat das zahlreiche Folgen für die Schwangere, wie ein erhöhtes Risiko einer Fehlgeburt.
Außerdem erhöht sich das Risiko für eine Präeklampsie oder eine Eklampsie, ein in der Schwangerschaft entstandener Bluthochdruck. Da vermehrt Glukose im Urin ausgeschieden wird, steigt das Risiko für Harnwegsinfekte. Gerade in der Schwangerschaft besteht bei Harnwegsinfekten immer die Gefahr einer Fehl- oder Frühgeburt, weshalb schnellstmöglich eine Behandlung des Infekts erfolgen sollte.
Auch kann sich Polyhydramnion (Vorhandensein von zu viel Fruchtwasser) durch die vermehrte Urinausscheidung des Kindes entwickeln. Meist sind Kinder von Frauen mit Schwangerschaftsdiabetes auch deutlich größer als der Durchschnitt, was einen Kaiserschnitt erforderlich machen kann.
Folgen für das Kind
Kinder von Frauen mit Schwangerschaftsdiabetes sind im Schnitt deutlich größer und schwerer. Sie haben einen vermehrten Anteil an Fettgewebe, was Krankheitsrisiken für das spätere Leben mit sich bringen kann. Es werden vermehrt rote Blutkörperchen produziert und die Fließeigenschaften des Blutes verändern sich, was zu Durchblutungsstörungen führen kann.
Schwangerschaftsdiabetes kann auch Lungenprobleme mit Atemnotsyndrom, Herzprobleme (Kardiomyopathien) und Störungen des Elektrolyt- und Glukosehaushalts vor allem nach der Geburt verursachen.
Eine gute Einstellung des Blutzuckers bei Schwangerschaftsdiabetes ist deshalb für Mutter und Kind enorm wichtig und verringert langfristige Folgeschäden.
Dr. med. Bartmann unterstützt ZAVA seit 2020 als Mitglied des medizinischen Beirats sowie bei der medizinischen Textprüfung. Der gelernte Chirurg und ehemalige Präsident der Ärztekammer Schleswig-Holstein beschäftigte sich bei der Bundesärztekammer unter anderem mit den Themen Telematik und Telemedizin sowie Aus-, Fort- und Weiterbildung. Seit 2018 ist Dr. med. Bartmann als Ehren- und Vorstandsmitglied Sprecher der Deutschen Gesellschaft für Telemedizin (Landesverband Nord).
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