ZAVA-Befragung: Wofür schämt sich Deutschland?

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Diese Beschwerden sind uns am peinlichsten

Chlamydien. Blähungen. Starker Durchfall. Ob in sozialen Netzwerken, auf YouTube oder im Fernsehen – die Gesellschaft gibt sich offen und spricht ausführlich über Beschwerden, über die in der Vergangenheit lieber der Mantel des Schweigens gebreitet wurde. Aber wie leicht fallen uns diese Themen, wenn wir selbst betroffen sind?

Die Ergebnisse einer bundesweiten Befragung im Auftrag der Online-Arztpraxis ZAVA zeigen, welche Beschwerden den Menschen besonders peinlich sind und wie sehr Betroffene unter ihrer Scham leiden. Häufig steht dahinter die Angst, von anderen verurteilt zu werden. Für die Studie wurden 1.502 Menschen (751 Frauen, 751 Männer) befragt.

Dafür schämt sich Deutschland

Die 10 peinlichsten Beschwerden der Deutschen.

Ganz gleich, ob Mann oder Frau, ob Nord- oder Süddeutschland, West oder Ost – geht es um peinliche Beschwerden, sind sich alle einig. Ganz oben auf der Liste stehen Mund- und Achselgeruch (38 Prozent), schlechte Zähne (34 Prozent), übermäßiges Schwitzen (29 Prozent) und Blähungen (29 Prozent), gefolgt von Läusen (26 Prozent) und Pilzinfektionen im Intimbereich (25 Prozent).

Peinlich, peinlich, aber warum eigentlich?

So viel Prozent der Deutschen haben Angst, für ihre Beschwerden verurteilt zu werden bzw. wurden schon einmal wegen ihren Beschwerden verurteilt.

Aber warum schämen wir uns für etwas so menschliches, wie Blähungen oder Schweißgeruch? Warum fällt es uns leichter über Kopfschmerzen zu sprechen als über Brechdurchfall?

Beverley Kugler, Ärztliche Leiterin Deutschland der Online-Arztpraxis ZAVA, erklärt, was es mit der Scham auf sich hat: „Besonders vermeintlich selbstverschuldete Krankheiten werden von vielen als peinlich empfunden. Hinter dem Schamgefühl steht also häufig die Angst von anderen verurteilt zu werden. Bei Mundgeruch, schlechten Zähnen oder starkem Schwitzen befürchten Betroffene beispielsweise für eine mangelnde Hygiene verurteilt zu werden. Dabei können den Beschwerden verschiedene Ursachen zugrunde liegen. Auch Erkrankungen, die Geschlechts- und Ausscheidungsorgane betreffen, gelten oft als peinlich. Sie zählen zum Intimbereich, der gesellschaftlich lange mit Scham besetzt war – und in vielen Kulturkreisen auch noch heute ist.“

Die gute Nachricht: Die Angst, von anderen für seine Beschwerden verurteilt zu werden, ist laut einer früheren Untersuchung der Verhaltenswissenschaftler von ZAVA häufig unbegründet. Demnach haben zwar 45 Prozent der Befragten Angst für ihre Beschwerden verurteilt zu werden, jedoch machen tatsächlich nur 27 Prozent diese Erfahrung.

Jeder Dritte schämt sich für seine Beschwerden

Jeder Dritte schämt sich für seine Beschwerden, Frauen häufiger als Männer.

Über peinliche Krankheiten zu reden (oder zu schweigen) ist das eine, mit ihnen leben zu müssen, das andere. Jeder Dritte (35 Prozent) hat sich schon einmal für seine Beschwerden geschämt – kaum verwunderlich, denn viele der „Peinlichkeiten“ treten häufig auf. (Ja, die Wahrscheinlichkeit, dass ihr Kollege schon einmal Blähungen hatte ist mehr als hoch.)

Die Befragungsergebnisse zeigen außerdem, dass Frauen von ihren Beschwerden schneller peinlich berührt zu sein scheinen als Männer (Frauen: 41 Prozent; Männer: 28 Prozent). Ob sie kritischer sind oder sich beispielsweise ihre Selbstwahrnehmung von der der Männer unterscheidet, bleibt jedoch offen.

Zwei von fünf Betroffenen schränkt Scham im Alltag ein

2 von 5 Betroffenen schränkt Scham für ihre Beschwerden im Alltag ein.

Wie wohl wir uns in unserer Haut fühlen, hat einen großen Einfluss auf unser Leben. Eine Erkrankung, die wir als peinlich empfinden, kann schnell zu einer psychischen Belastung werden, auf die Stimmung schlagen oder den Alltag zum Spießrutenlauf machen.

Zwei von fünf Personen (42 Prozent) geben an, dass sie die Scham für ihre Beschwerden eingeschränkt hat. Die Berichte der Betroffenen reichen von dem Privatleben bis ins Büro: von der Flucht aus dem Meetingraum bei Blähungen über den Rückzug aus dem Sozialleben bei Akne bis hin zum Abbruch der Gesangskarriere wegen schlechter Zähne.

Peinliches Schweigen

So viel Prozent der Deutschen haben schon einmal ein Problemgespräch vermieden.

Oftmals hilft es über ein Problem zu reden – doch sprechen Betroffene wirklich über ihre Beschwerden? Nur knapp jede sechste Frau (13 Prozent) und jeder fünfte Mann (23 Prozent) scheut sich nicht, den Dialog zu suchen. Besonders häufig vermeiden die Befragten tatsächlich das Gespräch mit dem Arzt (Frauen: 44 Prozent, Männer: 36 Prozent). Auch der Austausch mit dem Partner (Frauen: 43 Prozent, Männer: 32 Prozent) oder mit Familienangehörigen (Frauen: 39 Prozent, Männer: 29 Prozent) fällt vielen Betroffenen nicht leicht.

Zahlreiche Patienten wenden sich an die Ärzte der Online-Praxis ZAVA, wenn es um vermeintlich „peinliche” Erkrankungen geht – etwa bei Chlamydieninfektionen, Rosacea oder Erektionsstörungen, denn der überwiegend schriftliche Arzt-Patienten-Kontakt senkt für Betroffene die Hemmschwelle. Ihnen fällt der virtuelle Arztbesuch leichter als der Gang zum Mediziner vor Ort.

„Egal, ob Achselschweiß oder Akne, Parodontose oder Pilzinfektionen, scheuen Sie sich nicht medizinischen Rat zu suchen. Für Ärzte oder Apotheker ist es selbstverständlich, über gesundheitliche Probleme zu sprechen – genau dafür sind wir da. Es ist wichtig, dass Sie Ihre Beschwerden von einem Experten abklären lassen”, rät Beverley Kugler.

Methodik

Im Auftrag der Online-Arztpraxis ZAVA wurden 2019 bundesweit 751 Männer und 751 Frauen befragt.

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